92. MAGNUM – On A Storyteller’s Night

Was soll man über ein Album referieren, dessen Legendenstatus seit Jahrzehnten allgemein anerkannt ist und was noch nicht in irgendeiner Form zu Papier gebracht wurde? Umso schwieriger, wenn der Verfasser dieser Zeilen auch noch Zweifel darüber hegt, ob es sich tatsächlich um ein AOR-Album im eigentlichen Sinne handelt.

Tony Clarkins angenehm zurückhaltendes Gitarrenspiel, welches in den wichtigen Momenten dann umso nachhaltigere Akzente zu setzen weiß und Mark Stanways nie zu aufdringlichen Keyboards verleihen dem Songmaterial das gewisse Etwas, das ich persönlich in seiner Gesamtheit aber eher im melodischen, leicht bombastisch angehauchten Hardrock ansiedeln würde. Im Prinzip ist das 1985 erschienene und von Kit Woolven produzierte On a Storytellers Night nämlich die musikalische Umsetzung des grandiosen Coverartworks von Rodney Matthews – atmosphärisch, mystisch und detailverliebt.

Schon der monumentale Anfangstrack ‘How Far Jerusalem’ – bis heute DIE Bandhymne schlechthin – vereint sämtliche Qualitätsmerkmale der Scheibe in gut sechseinhalb Minuten. Mit ruhigen Keyboardteppichen beginnend, steigert sich das Stück zu einem monumentalen Feuerwerk. Angeführt von Bob Catleys im wahrsten Sinne des Wortes märchenhafter Stimme und ausgestattet mit ausgefeilten Melodiebögen sowie dramatischem Aufbau, steuert der Song auf einen Refrain zu, der auch nach 35 Jahren nichts von seiner Faszination und Eingängigkeit eingebüßt hat. Ähnlich verhält es sich im Falle des Titeltracks: Wenn Catley die berühmte Textzeile “Keep Your Night Light Burning” anstimmt, dann kann man gar nicht anders als sich voll und ganz dem Flair des Albums hinzugeben. Überhaupt weiß die Platte mit einer Atmosphäre zu glänzen, die ich in dieser Form und Intensität als absolut einzigartig bezeichnen würde. Man fühlt sich förmlich in die jeweiligen Geschichten mit einbezogen.

Dass es jedoch nicht immer bombastisch und ausladend zugehen muss, beweisen dann eher poppig angehauchte Nummern wie ‘Just Like An Arrow’, ‘Steal Your Heart’ oder ‘Two Hearts’, die es am ehesten rechtfertigen würden von einem AOR-Album zu sprechen, nur um dann mit dem mächtigen ‘All Englands Eyes’ wieder Lügen gestraft zu werden.

Weitere Songs hervorzuheben verbietet sich, bewegen sich doch sämtliche Kompositionen auf schwindelerregend hohen und gleichbleibenden Niveau, welches selbst die Mannen um Tony Clarkin in ihrem weiteren Karriereverlauf, trotz guter bis herausragender Alben, nie mehr erreichen sollten.

In seiner Wirkung und schlichten Erhabenheit ein zeitloses Meisterwerk!