‚Roulette‘ verbinden Hardrockfans ja eher mit einem der besten Songs von BON JOVI (erschienen 1984) und nicht mit der schwedischen AOR-Band, welche sich 1 Jahr nach dem Debüt der US-Amerikaner gegründet hat. Ob die Nummer Pate für den Bandnamen stand, entzieht sich meiner Kenntnis und obwohl sich beide Bands im melodischen Hardrockbecken tummeln – der musikalische Ansatz von ROULETTE (der Band) war und ist ein gänzlich anderer.
Die Hardrock-Szene in Schweden steckte Anfang der 80er seinerzeit in den Kinderschuhen, ‚The Final Countdown‘ war höchstens noch im Entwurfsmodus aber Bands wie eben EUROPE, 220 VOLT oder TREAT waren bereit, den Sound der NWOBHM – deren Einfluss in den Angangstagen der genannten Bands nicht zu überhören war – mit ordentlich Weichspüler umzukrempeln.
Eigentlich sah es damals auch für ROULETTE so aus, als ob alles nach Plan laufen könnte. The Final Countdown hatte den Weg geebnet und andere Bands – wie beispielsweise die oben erwähnten TREAT oder 220 VOLT – sprangen mit Dreamhunter (1987) und Eye To Eye (1988) erfolgreich auf den melodischeren Zug auf. Insofern war der Zeitpunkt für die Veröffentlichung der ersten Single von ROULETTE im Jahr 1988 eigentlich perfekt. ‚Hearts Keep On Burning‘ war ein unglaublich starkes Ausrufezeichen und passte perfekt in die damalige Musiklandschaft. 1989 folgte mit ‚Fool For Your Love‘ der nächste Song, der ins gleiche Horn blies.
Leider dauerte es dann bis ins Jahr 2008(!) bis die Band ihr erstes Full-Length-Album veröffentlichte. Better Late Then Never ist eine Sammlung der Songs, welche ROULETTE bis dato aufgenommen hatten – also eine Best-Of der vergangenen 20 Jahre. Weitere 10 Jahre später erschien mit Now! dann das erste richtige Album der Schweden.
Nun liegt uns mit Go! der Nachfolger vor (zwischendrin schob man die EP From Now Until Today ein) und aufgrund der Tatsache, dass der 2018er Longplayer ein kleines Hitfeuerwerk war, durfte man auf den aktuellen Release ziemlich gespannt sein – zumal die Live-Performance beim Malmö Melodic-Festival 2024 überaus überzeugend war. Wie klingen ROULETTE nun im Jahr 2025?
Der Opener ‚Answer To My Prayers‘ macht so ziemlich genau da weiter, wo man mit Now! aufgehört hat. Der AOR der Schweden klingt mittlerweile sehr reduziert und frei vom Bombast überladener Keyboards oder Backing Vocals – manchmal fühlt man sich tatsächlich an beste Rick Springfield-Zeiten erinnert.
Dieser Faden zieht sich durch das ganze Album und es macht einfach Spaß, Songperlen wie ‚Fire In Your Eyes‘, ‚Brand New Start‘ oder ‚We Remember You‘ zu entdecken. Entdecken? Ja, ein bisschen Geduld braucht man mit Go!, weil einem die Songs jetzt nicht sofort ins Gesicht springen. Hört man sich das Album an einem Stück an, dann fühlt man sich nicht an eine durchzechte Partynacht erinnert, sondern eher an einen Abend mit einem alten Kumpel mit dem man bei einem Bier über alte Zeiten sinniert. Es braucht also etwas Zeit, bis die Songs zünden – dann aber umso nachhaltiger.
Sänger Thomas Lundgren mag jetzt nicht der weltbeste Sänger sein und für einen AOR-Frontmann hat er außerdem ein recht kerniges Organ, welches manchmal gar nicht weit entfernt von Dave Hill (DEMON) ist. Das passt aber auch ausgezeichnet zu den geerdeten Songs, welche uns ROULETTE im Jahr 2025 präsentieren. ‚Mit ‚Take Me As I Am‘ hat die Band dann zusätzlich einen ähnlichen Überhit im Gepäck wie es der Abschlusstrack ‚Right By Your Side‘ auf Now! war.
Insgesamt, ein wahnsinnig stimmiges, wohliges Sommeralbum, das man immer und immer wieder hören will.



