AUTUMN’S CHILD – Starflower

Label
Pride & Joy
Erscheinungsdatum
20.01.2023
Tracklist
1. Gamechanger
2. Aphrodite's Eyes
3. Welcome To The Show
4. Opera
5. Karenina
6. 1995
7. Dorian Gray
8. I Can't Get Enough
9. The Final Call
10. Love From Tokyo
11. It's Not Too Late
12. When It's Christma
Line-Up
Mikael Erlandsson – Vocals, Keyboards, Guitar
Pontus Akesson – Lead Guitar
Claes Andreasson – Piano
Magnus Rosen – Bass
Robban Bäck - Drums
Unsere Wertung
92
92

Der umtriebige Sänger, Keyboarder und Gitarrist Mikael Erlandsson hat im Laufe seiner Karriere bereits viele Stationen durchlaufen, von denen die Popgruppe SECRET SERVICE, die allerdings bereits bei seinem Einstieg im Jahre 2006 eher vom Ruhm aus vergangener Zeit gelebt hat, weltweit noch am bekanntesten sein dürfte. Anhängern melodischer Rockmusik kennen ihn vor allem als Frontman der Formation LAST AUTUMNS DREAM, die es zwischen 2003 und 2018 auf nicht weniger als 14 Alben gebracht hat.

Zwischendurch blieb neben einigen Solo-Alben auch noch genug Zeit für jeweils zwei gutklassige Alben mit den Bands SALUTE und LOVER UNDER COVER (gutklassig? Die Scheibe ist ein absoluter Hammer – Rainer). Auch einige Songs des in AOR-Kreisen heißgeliebten Projekts PHENOMENA hat er mit seiner markanten Stimme veredelt. Gleiches gilt für die Alben von SAPPHIRE EYES, durch die ich zum ersten Mal nachhaltig auf Mikael Erlandsson aufmerksam geworden bin. Seine Interpretation der wunderschönen Ballade ‚Can´t Find The Words‘ ist dermaßen packend, leidenschaftlich und emotional, wie ich es nur ganz selten zuvor erlebt habe. Gönnt Euch diesen Song einmal, wenn Ihr Bock auf eine einzigartige Stimme habt: so viel Herzblut verdient es, gehört zu werden.

Hier geht es jedoch um die Nachfolgeband von LAST AUTUMNS DREAM, die er sinnigerweise AUTUMN’S CHILD getauft hat und für die auch schon wieder der bereits vierte Longplayer namens Starflower zur Veröffentlichung ansteht. Ich bin sehr gespannt, denn die drei Vorgänger haben mich sehr begeistert, weil sie sehr abwechslungsreiche Musik im Grenzbereich zwischen AOR, Hardrock, Classic- und Melodicrock bieten, die trotz der gleichen Herkunft so ganz anders ist als die vielen stets gutklassigen, aber oftmals auch sehr ähnlich klingenden Scandi-AOR-Bands, die seit einigen Jahren den Markt überfluten. Die kratzig-raue, aber immer warme Stimmfarbe des Maestros verleiht den Songs einen hohen Wiedererkennungswert und lässt die Band wohltuend eigenständig klingen.

`Gamechanger´ rockt dann gleich schon mal gut los, enthält einen tollen Refrain und einen schönen Solo-Part, bei dem sich Gitarre und Keyboard die Klinke in die Hand geben. Ein guter Earcatcher, wenn auch für einen über fünf Minuten langen und ohne Intro oder überraschende Breaks auskommenden Song etwas unspektakulär.

`Aphrodites Eyes´ beginnt mit akustischer Flamenco-Gitarre und hat eine orientalische Note. Auch hier wird uns wieder eine schöne Mischung aus Gitarren- und Keyboardsolos kredenzt – stark!

`Welcome To The Show´ ist dann ein für AUTUMN’S CHILD-Verhältnisse ungewöhnlich hartes Uptempo-Brett, bei dem Drummer Robban Bäck eine in dieser Stilrichtung eher seltene Doublebase zeigen kann. Die große Vielfalt der bisherigen Alben scheint sich auch auf dem neuen Album fortzusetzen.

`Opera´ beginnt sehr reduziert mit hohen Piano-Klängen sowie fast effektfreiem Gesang und steigert sich im weiteren Verlauf zu einer tollen Bombast-Ballade. Das Gitarrensolo von Pontus Akesson ist eine Hommage an ‚Bohemian Rhapsody‘ und zitiert kurze Passagen aus eben jenem QUEEN-Magnum Opus, das berühmt für seinen ungewöhnlichen Opern-Part geworden ist und somit perfekt zum Songtitel passt. Genial!

`Karenina´ dürfte allen Anhängern typischen 80er Bombast-AORs gefallen, enthält es doch die typischen Trademarks wie Staccatto-Keyboards und opulente Chöre. Sehr sehr geil!

`1995´ ist die erste Album-Single und erinnert anfangs an die Primetime der Bubblegum-Ära der frühen und mittleren 70er Jahre, als Bands wie die frühen THE SWEET, KENNY oder die BAY CITY ROLLERS die Charts beherrschten. Ein schöner Kontrast zum bombastischen Vorgänger, der den großen Abwechslungsreichtum von AUTUMN’S CHILD unterstreicht. Der Song an sich könnte aber durchaus polarisieren – meinereiner findet ihn Klasse!

`Dorian Gray´ beginnt mit flötenähnlichen Keyboards und wächst mit toller Melodieführung zu einem emotionalen Bombast-Epos, wie ich es in dieser meisterhaften Qualität zuletzt nur von den Briten CATS IN SPACE zu hören bekommen habe. Gänsehaut pur und für mich vielleicht sogar DAS Highlight im bisherigen reichhaltigen Schaffen von Mikael Erlandsson.

`I Can´t Get Enough´ rockt dann wieder geradeaus nach vorn, ist in den Strophen aber zwingender als im Refrain, der dreimal die gleiche Zeile wiederholt und dadurch etwas eintönig wirkt. Der Song enthält aber ein tolles Break mit Wahwah-Gitarre, das sich gekonnt in den Ablauf einfügt. Kein Albumhighlight, aber gut.

`The Final Call´ erinnert anfangs sehr an Rick Springfields Jessies Girl und rockt somit eher bodenständig als bombastisch. Die schöne Melodie des Refrains wird durch tolle Akkordwechsel unterstrichen – cool!

`Love From Tokyo´ beginnt als sehr getragener Bar-Jazz und entpuppt sich anschließend als eine vor sich hindümpelnde Ballade, die ich jedoch eher als anstrengend empfinde und bei mir auch nach mehrmaligem Hören nicht richtig zünden will. Auch dieser Song dürfte polarisieren – bei mir leider in eine andere Richtung als zuvor bei 1995 und somit einziger Skiptasten-Kandidat des Albums.

`It´s Not Too Late´ ist dann noch einmal ein flockiger Wohlfühlrocker mit Ohrwurm-Melodien, wie ihn z.B. auch MAGNUM in ihren besten AOR-Momenten zelebrieren. Hier kann Mikael Erlandsson noch einmal in einer fast allein gesungenen Strophe zeigen, welch fantastischer Sänger er ist. Ein würdiger Abschluss eines absolut empfehlenswerten Albums.

Ein klitzekleiner Wermutstropfen ist für mich der Umstand, dass – wie schon beim Vorgänger Zenith – nicht der Stil des grandiosen Artworks der ersten beiden Alben weitergeführt wurde. Das ist aber nur eine kleine Randnotiz, denn auch dieses Cover gefällt mir wieder gut. Hier soll es ohnehin zuerst um die Musik gehen, und die ist auch auf dem neuen AUTUMN’S CHILD-Album Starflower wie gewohnt erstklassig. Bei einem solch spannenden und äußerst abwechslungsreichen Album mit derartiger Hitdichte kann ich eine hohe Bewertung von 92% absolut vertreten.