CATS IN SPACE – Kickstart The Sun

Label
Harmony Factory
Erscheinungsdatum
29.07.2022
Tracklist
1. Kickstart The Sun Intro
2. King Of Stars
3. Poke The Witch
4. Teenage Millionaires
5. Goodbye To The American Dream
6. 1,000,000 Miles
7. Fifty-One Pillow Bed
8. Charlie's Ego
9. Kickstart The Sun
10. A Big Balloon
11. Smoke & Mirrors
12. Hero
13. Last Dance Saloon
14. Bootleg Bandoleros
15. Kickstart The Sun - Reprise
Line-Up
Damien Edwards – Lead & backing vocals
Greg Hart – Electric & acoustic guitars, vocals
Dean Howard – Electric guitars
Steevi Bacon – Drums & percussion
Jeff Brown – Bass guitars, vocals
Andy Stewart – Keyboards, vocoder
Unsere Wertung
99
99

AOR oder nicht? Dies ist die wohl am meisten diskutierte Gretchenfrage unter den Bible-Redakteuren. Im Falle der im britischen Horsham/West Sussex beheimateten Band CATS IN SPACE eine durchaus berechtigte Frage, denn ihr Sound erinnert nicht nur an eine Mixtur aus Bands wie BOSTON, MAGNUM oder TOTO, sondern ist zusätzlich noch mit Elementen gewürzt, die man auch bei STYX, ELO, QUEEN oder THE SWEET findet. Deswegen an dieser Stelle vielen Dank an die Biblemaster für Eure Zustimmung für dieses Review: es war mir eine Herzensangelegenheit!

CATS IN SPACE haben es nämlich tatsächlich geschafft, meine schon etwas angestaubten, mehrere Dekaden alten Hörgewohnheiten umzukrempeln und die bisherigen Favoriten vom Thron zu stoßen. Die Songs ihres bisherigen Outputs vereinen fast alles, was für mich von Bedeutung ist, um das Gütesiegel „Klassiker“ zu attestieren: in den Trommelfellen festbeißende Melodien, perfekter Sound, äußerst abwechslungsreiche, aber niemals überladene Arrangements und tolles Musiker-Handwerk.

Als erklärter Fanboy, der drei ihrer bisherigen 5 Alben – Too Many Gods, Scarecrow und Atlantis – ganz nahe an der Höchstnote bewertet hätte (Daytrip To Narnia liegt aufgrund einiger Disco-Elemente, an denen ich durch exzessives Hören des NIGHT FLIGHT ORCHESTRAs etwas übersättigt bin, nur knapp darunter, und My Kind Of Christmas ist, nun ja, ein Weihnachtsalbum…), war ich begeistert über die Info, dass das neue Album Kickstart The Sun gleich 15 Songs enthalten sollte. Zwar wurden zuletzt diverse Alben zu oft schon mit Masse statt Klasse angereichert und der Gesamteindruck dadurch merklich getrübt, aber diese Band hat bisher noch keinen einzigen schlechten Song hervorgebracht.

Als Einstieg servieren CATS IN SPACE auf Kickstart The Sun erst einmal ein Spannung-aufbauendes, wie das Album betitelte Acapella-Intro, das gleich eine große Stärke der Band offenbart: die Vocal-Arrangements, die in der Form ein absolutes Alleinstellungsmerkmal sind. Großartig! Dem folgt mit ‚King Of Stars‘ gleich der erste Song mit Überlänge, was den Album – Einstieg völlig konträr zu den schnelllebigen, Spotify-verseuchten Hörgewohnheiten der Neuzeit macht. ‚Poke The Witch‘ ist die erste Single und ermutigt auf humorvolle Art zum Überstehen der Corona-Pandemie. Dementsprechend wird locker drauflos gerockt, und AOR-Fans dürften daran ebenso Freude haben wie bei der zweiten Single ‚Teenage Millionaires‘, die noch eine Schippe Power drauflegt.

Goodbye To The American Dream beginnt als von einem E-Piano getragene Ballade, die im an Catchiness kaum zu überbietenden und mit smarten Bläsern unterlegten Refrain zu einem straighten Rocker mutiert – Klasse! Mit 1.000.000 Miles folgt dann aber wirklich eine reinrassige Ballade, die Elton John nicht besser hinbekommen hätte und zusätzlich noch ein Entenpelle-auslösendes Solo bietet.

Fifty-One Pillow Bed ist wieder ein toller Mix aus AOR und Classic Rock, der bei vielen anderen Alben ein Highlight wäre, im Vergleich zu den anderen Songs der Weltraumkatzen aber leicht abfällt. Dagegen glänzt Charlie’s Ego mit einer fast poppigen Melodie und spacigem Keyboard-Solo, bevor mit dem Titelsong ‚Kickstart The Sun‘ ein über sechsminütiges Epos folgt, das alles vereint, was ich an der Band so sehr liebe: ruhiger, vom Piano dominierter Beginn, der sich mit nach und nach einsetzenden Instrumenten zu einem Pomp-Rocker par excellence entwickelt. Wer hier nicht gepackt wird, muss klinisch tot sein. Grandios!

Die Power-Ballade ‚A Big Balloon’ lässt wieder Zeit zum Sammeln und überzeugt mit toller Melodie und einer fabelhaften Gesangsleistung von Damien Edwards, der seit dem 2020 erschienenen Album Atlantis die Rolle des Frontmans übernommen hat und eine echte Entdeckung ist. Smoke & Mirrors klingt dann wie ein Hybrid aus frühen TOTO mit einem Refrain, der EARTH, WIND AND FIRE zur Ehre gereicht hätte.

Die nächste Ballade Hero hält dieses Niveau problemlos, bietet wieder feinstes Elton John – Feeling und wurde von der Band einem vor über 40 Jahren verstorbenen, jugendlichen Freund gewidmet. Sehr ergreifend und ausschließlich begleitet von Keyboarder Andy Stewart, der immens viel Gefühl in sein Spiel investiert (und nebenbei übrigens kultige Kochvideos veröffentlicht).

Mit Last Dance Saloon‘ folgt dann wieder ein bandtypischer, federleicht groovender Poprocker, bevor dann das längste Epos der Bandgeschichte kredenzt wird: Bootleg Bandoleros erinnert anfangs mit seinen akustischen Gitarren etwas an ‚Hotel California‘ und baut sich während der über acht Minuten mehrmals in typischer CATS IN SPACE-Manier dramatisch auf. Toll auch die Gitarrensoli, die abwechselnd von links und rechts und schließlich doppelstimmig daherkommen – muss man gehört haben!

Mit dem Rausschmeißer ‚Kickstart The Sun – Reprise wird dann noch einmal das Thema des Titelsongs aufgegriffen und gerockt und soliert, dass die Schwarte kracht, bis ein Gong ein abwechslungsreiches, dramaturgisch hervorragend abgestimmtes und von Bandleader und Songwriter Greg Hart (der übrigens auch der Kopf der Band IF ONLY war, deren Album ‚No Bed Of Roses‘ es auf Platz 153 unseres Album-Rankings geschafft hat) perfekt produziertes Album beendet, das nur deswegen nicht die volle Höchstnote bekommt, weil ich ahne, dass ich für das nächste CATS IN SPACE – Album noch Luft nach oben brauche.

Ich bin restlos begeistert, vergebe völlig verdiente 99% und hoffe sehr, dass diese tolle Band endlich auch auf dem Festland einen größeren Bekanntheitsgrad erfährt und uns noch lange erhalten bleibt.