Wie? Die gibt’s noch? Das war jedenfalls das Erste, was ich dachte als ich völlig unvorbereitet über das neue Album der deutschen DREAMTIDE im Internet gestolpert bin. Irgendwie hatte die neue Liedsammlung einer meiner Favoriten aus dem Bereich des melodischen Hardrocks keine meiner Quellen angekündigt. Also warf ich gespannt den Stream an und bereits beim ersten Durchlauf zauberte mir das Gehörte ein seliges Grinsen aufs Gesicht. Vom fantastischen Opener ’Stop Being Deep‘ bis zum finalen Track ‚Leisure Saints‘ befindet sich auf dem Album kein einziger Ausfall. Nicht einmal einen einzigen überflüssigen Ton konnte ich ausmachen. Und das ist bei dem hier vorliegenden Werk tatsächlich eine Kunst. Denn, Töne gibt es viele.
Die Musikalität springt den geneigten Hörer direkt an und dennoch gelingt es den Musikern die Lieder luftig, zugänglich und leicht klingen zu lassen. Die neue Rhythmusgruppe um Drummer Horst Gundram Schlag und Bassist Lars Lehmann grooven wie die Hölle und spielen dazu rhythmische Akzentuierungen, die auch jeder Progressive Rock Band zur Ehre gereichen würden. Sie lassen es eben nur eingängiger klingen. Die Leistungen der DREAMTIDE Veteranen Torsten Luedewaldt (Keys.), Helge Engelke (Git.) und Olaf Senkbeil (Voc.) stehen dem ihrer neuen Kollegen in nichts nach. Hier sind ausschließlich erfahrene Könner am Werk.
Sowohl von der Musikalität als auch von der Atmosphäre und der Ausrichtung des Songwritings fühle ich mich gelegentlich an alte ZENO oder neuere PRAYING MANTIS erinnert. Da es sich dabei um zwei meiner Alltime-Faves handelt, sollte meine Begeisterung für Drama Dust Dream also auch wenig verwundern.
Je häufiger ich das Album höre, je mehr wünschte ich, die Band mal Live erleben zu können. Wenn die das ganze musikalische Feuerwerk so auf die Bühne bringen, dürfte die Begeisterung bei allen Freunden melodischer und harter Musik eigentlich grenzenlos sein. Zumal viele der Lieder geradezu nach einer Liveaufführung schreien. Als Beispiel sei das herausragende ‘Around‘ genannt. Hier sehe ich vor meinem Auge in die Luft gereckte Arme, deren Besitzer voller Inbrunst „And We Believe In Those Who Won’t Give Up“ singen.
Als Anspieltipp kann im Prinzip das gesamte Album genannt werden. Beim Erstkontakt mit DREAMTIDE empfehle ich neben dem bereits erwähnten ‘Around‘ und ‘Stop Being Deep‘ das dramatische ‘Merciless Sun‘ und das Blues beeinflusste ‘For The Fairies‘. Wer es gerne flotter mag, beginnt einfach mit dem tollen Album Closener ‘Leisure Saints‘.
Obwohl das mit dem Ende des Albums stimmt hier nur zum Teil. Das reguläre Album ist zwar nach 12 Liedern tatsächlich zu Ende, aber es gibt eine Japan-Deluxe Version, der eine weitere EP beigelegt ist. Wer es sich leisten kann, sollte diese Version bevorzugen. Denn neben einer originellen und sehr gelungenen Coverversion von Hans Harz‘ ‘Die Weisen Tauben Sind Müde`‘ (dessen Text ja gerade erschreckend aktuell ist) sind vier weitere Songs (darunter ein Instrumental) vertreten, die scheinbar aus derselben Aufnahmesession stammen, es aber aus irgendwelchen Gründen nicht auf das reguläre Album geschafft haben. Ich gehe davon aus, dass diese Lieder nur deswegen nicht auf dem regulären Album gelandet sind, da das Werk dann doch arg lang ausgefallen wäre und sich die Tracks wahrscheinlich nicht sinnvoll in den Fluss der Platte einfügen ließen. An der Qualität kann es meiner Meinung nach nicht liegen. Sind doch mit ’Trust In The Wind‘ und ‘Shadows‘ zwei weitere Anspieltipps auf der Bonus EP vertreten.
Für das reguläre Album vergebe ich 87 Punkte. Für die Bonus Disc Version rücke ich nochmal zwei Bonuspunkte raus. Ergibt ergo 89 Punkte. Ganz stark!