MICHAEL BORMANNs Schaffen als Musiker, Songwriter und Produzent ist so umfangreich, dass ein Überblick als Außenstehender beinahe unmöglich ist. Noch tief in der NDW verwurzelt, startete Bormann seine ersten Gehversuche mit HIGH VOLTAGE (Gitarre und Gesang), aus denen später T.A.X. und 1990 eben JADED HEART hervorgingen. Leider dauerte es seinerzeit vier Jahre, bis 1994 das Debütalbum Inside Out veröffentlicht wurde und heute wissen wir, dass es wohl keinen schlechteren Zeitpunkt geben könnte – der melodische Hardrock war damals in etwa genauso populär wie die Pest im Mittelalter.
Nichtsdestotrotz ging den Duisburgern in den Folgejahren nie die Puste aus und MICHAEL BORMANN war bis 2004 Sänger und Hauptsongschreiber von JADED HEART. Nach dem Album Trust kam der große Knall – JADED HEART suchten sich einen neuen Sänger und MICHAEL BORMANN wurde vor die Tür gesetzt.
Der Multiinstrumentalist (Gesang, Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboard) war seit 1990 in diversen Projekten/Bands involviert, z.B. LETTER X, BONFIRE, CHARADE, RAIN, THE SYGNET – nach dem Rausschmiss machte er dann aber auch unter seinem bürgerlichen Namen als Solokünstler weiter, um seine Vision von JADED HEART weiterzuverfolgen, während seine ehemaligen Kollegen immer metallischer und bedeutungsloser werden sollten.
Aus der Vision wurde dann 2019 Bormanns eigene Version von JADED HEART, nämlich MICHAEL BORMANN’S JADED HARD – den Album-Einstand seiner „neuen“ Band wählte er dann gleich treffsicher Feels Like Yesterday. Tatsächlich wandert die Scheibe dann auf Pfaden, welche JADED HEART in den 90ern breitgetreten hatten, die jugendliche Frische der Anfangstage konnte das Album jedoch natürlich nicht transportieren, was bei der Qualität der Songs aber auch nicht weiter schlimm war.
Nun also liegt Album Nummer zwei von JADED HARD vor mir und um es gleich vorwegzunehmen: Es ist stärker als der Vorgänger und im Moment fällt mir auch kein besseres Album ein, auf dem MICHAEL BORMANN zu hören ist. Bereits beim Opener ‚Nothing But A Photograph‘ fühlt man sich an selige PINK CREAM 69-Zeiten erinnert, in welchen noch Andi Deris das Mikro schwingen durfte – nur das Ganze eben noch mit einer melodischen AOR-Note – ganz hervorragend. Der nachfolgende Titelsong schlägt in die gleiche Kerbe: Eine tolle, sehr druckvolle Gitarrenarbeit, kombiniert mit Bormanns raueren – nicht mehr ganz so an Jon Bon Jovi erinnerndes – Organ passt hervorragend zu dieser Hymne und steht dem Opener in nichts nach.
Mit ‚Our Sweet Lullaby‘ gibt’s erstmal Zeit zum Luftholen, bevor mit ‚Heaven‘ bereits das Albumhighlight folgt. Ok, natürlich standen hier DEF LEPPARD in ihrer besten Phase Pate, aber der Song ist einer der besten Melodicrock-Songs des Jahres und hätte tatsächlich auch auf Hysteria einen wohlverdienten Platz finden können. Apropos DEF LEPPARD: Auch auf dem grandiosen ‚Hysteria – Wrong And Right‘ fühlt man sich an Joe Elliott und seine Mannen erinnert. Die Ballade ‚Just Wanna Fall in Love‘ weist jedoch eine starke DANGER DANGER Schlagseite auf – ‚I Still Think About You‘ schwirrt es einem beim Refrain unweigerlich durch den Kopf.
Dieses Sammelsurium aus den 80ern klingt aber viel homogener und interessanter als man vermuten mag, zumal sich wirklich kein Ausfall unter den 12 Songs befindet. Obwohl: Der Abschlusstrack ‚We Must Make A Stand‘ ist schon arg pathetisch ausgefallen und wird zumindest bei mir auf keinem Bormann Best-Of-Sampler auftauchen.
Trotzdem ist ‚Power To Win‘ ein Highlight am Ende des Jahres, das ich so nicht erwartet hätte und folgerichtig 90% einfährt. Well done!