Mit Ihrem vorab veröffentlichten Song ‚One‘ haben NATIONWIDE bei den Melodic Rock-Fans etwas Staub aufwirbeln können – und das, obwohl das Video dazu leider ziemlich misslungen ist. Die Erwartungshaltung war unter den Kennern also ziemlich hoch, ob denn der Longplayer das Niveau des Songs halten kann.
Gegründet wurden NATIONWIDE 2023 von den Songwritern Carl Berglund und Peter Ledin mit dem Ziel, die Lücke zwischen AOR und Modern Rock zu schließen – „and to bring something new into the melodic rock scene” – so die Ankündigung der Plattenfirma. Bassist Mikael Hagström (ex- Age Of Reflection), Drummer Richard Holmgren (ex: Scaar, Grand Design, Wolf) und Sänger Daniel Groth komplettieren das Line-Up.
Von dem angekündigten „Modern Rock“ war auf ‚One‘ zum Glück nichts zu hören, vielmehr handelt es sich um einen richtig starken Melodic Rock-Song. Dieser wurde zwar innerhalb unserer Redaktion von den meisten mit „typisch schwedischem AOR, wie ihn aktuell alle spielen“ voreilig abgetan, allerdings haben die geschätzten Kollegen das Potential meiner Meinung nach verkannt, weil es sich wirklich um einen erstklassigen Ohrwurm handelt und Sänger Daniel Groth kann mit seiner warmen Stimme vollends überzeugen.
Was kann nun das aktuelle Album? War ‚One‘ nur ein Strohfeuer oder ist die Band in der Lage über die komplette Albumdistanz einen Flächenbrand zu entfachen? Und ja, das ist sie. Zugegebenermaßen haben die Kollegen nicht ganz unrecht, dass man NATIONWIDE vom ersten bis zum letzten Song in Schweden verortet, was auch nicht weiter schlimm ist – warum sollten sie Ihr Heimatland auch verleugnen?
Was die Band aber von vielen Schwedenhappen unterscheidet, ist die unfassbare Hitdichte auf Echoes. Bereits der Opener ‚Fade Away‘ verzückt mit einem latenten PERFECT PLAN-Drive. Hier stimmt einfach alles: melodische Strophe, eingängige Bridge und ein Refrain, den man unmöglich wieder auf dem Kopf bekommt. Das nachfolgende ‚Dreams‘ tönt dann tatsächlich etwas moderner, wobei wir hier nicht von Modern Rock sprechen, sondern hier kommen eher melodische DEGREED ins Spiel, bevor mit ‚Can’t Get Over You‘ das Albumhighlight folgt. Was für ein Monster an Song haben NATIONWIDE hier kreiert – pures AOR-Gold. Mit ‚Without You‘ – die zweite Videoauskopplung – wird dann die Handbremse gezogen. Das hat aber nur Auswirkung auf die Geschwindigkeit und nicht auf die Qualität: die Powerballade wird von Daniel Groth ziemlich eindrucksvoll gesungen, dass sich bei jedem Hören ein wohliges Gefühl, abwechselnd mit einer Gänsehaut einstellt. ‚In Your Eyes‘ beschließt dann die beste „A-Seite“, welche ich seit langem hören durfte.
Das unglaubliche: Auf der „B-Seite“ geht es (zumindest fast) so weiter. Neben dem bereits erwähnten ‚The One‘ überzeugt vor allem die Ballade ‚The Last Goodbye‘ und das, obwohl ich absolut kein Balladenfan bin. ‚Passion Ignite‘, ‚Reason‘ und der Titelsong erreichen fast das Niveau der bereits erwähnten Kracher, währen der Abschlusstrack ‚The Other Side‘ leider etwas abfällt und mit dem Prädikat „gut“ leben muss.
Auch wenn ich mich vor dem ersten Hören auf ein sehr gutes Album eingestellt hatte, das Ergebnis übertrifft meine Erwartungen noch bei weitem, zumal man die angekündigten Modern Rock-Einflüsse (glücklicherweise) wirklich mit der Lupe suchen muss. Es ist nicht nur die Stimme von Daniel Groth, sondern das Zusammenspiel aller Bandmitglieder, sowie die wirklich außerordentlich gute Produktion für die Erik Martensson verantwortlich ist, welches das Album zu einem kleinen Juwel und einer uneingeschränkten Kaufempfehlung machen.