Wie aus dem Nichts erschien seinerzeit 2022 das Debüt Something That Your Eyes Won’t See der Schweden REMEDY und begeisterte (nicht nur) die AOR Bible-Redaktion. Frank zückte vor lauter Begeisterung sogar die Kelle mit 94% und sprach gar vom besten AOR-Album seit NESTOR’s Kids In A Ghost Town. Auch wenn ich Something That Your Eyes Won’t See – ebenso wie das NESTOR-Debüt – nicht ganz in diesen Sphären sah, so war ich ebenfalls restlos von der Scheibe begeistert.
Eineinhalb Jahre später liegt nun der Nachfolger Pleasure Beats The Pain vor und natürlich lautet die Gretchenfrage: Können REMEDY an die Klasse des Debüts anschließen?
Einfach machen es einen REMEDY anfangs nicht. Der Opener ‚Crying Heart‘ ist zu Beginn ungewohnt sperrig und erinnert aufgrund seiner melancholischen Schlagseite etwas an ONE DESIRE. Verwunderlich ist das jedoch nicht, da sowohl REMEDY-Gitarrist Roland Forsman schon bei dem ein- oder anderen Song der Finnen seine Finger im Spiel hatte als auch Songwriter Sören Kronqvist bereits Nummern für beide Bands schrieb.
Viel zugänglicher ist danach ‚Moon Has The Night‘, welches ziemlich offensichtlich nach den AOR-lastigen Songs von GHOST schielt. Diese Reminiszenz wird uns später nochmal bei ‚Hearts On Fire‘ (nicht ganz so „ohrenscheinlich“) und ‚Poison‘ (besonders bei der Gitarrenarbeit) begegnen. Dass man sich etwas an die übermächtigen Schweden um Tobias Forge orientiert, könnte sich als kluger Schachzug herausstellen, zumal sich die Stimmen des GHOST-Frontmanns und REMEDY-Vokalist Robert van der Zwan nicht unähnlich sind.
‚Sin For Me‘ kommt dann leider überhaupt nicht auf den Punkt und ist für mich ganz klar der Schwachpunkt auf dem Album, weil auch der Refrain ziemlich unspektakulär an einem vorbeirauscht. Beim nachfolgenden ‚Angelina‘ wurde dann für meinen Geschmack etwas zu viel Weichspüler hinzugefügt. Um den Albumtitel hier wieder aufzugreifen: Diese Angelina verbreitet weder „pleasure“ noch „pain“, sondern steht eher für einen gemütlichen Fernsehabend und ist daher für meinen Geschmack etwas zu beliebig.
Danach nimmt das Album zum Glück endlich richtig Fahrt auf. Sowohl ‚Bad Blood‘, welches zu Beginn nach seligen RICHARD MARX-Zeiten klingt und im Refrain zu einem grandiosen Hardrock-Song explodiert, als auch das an early-JADED HEART erinnernde ‚Caught By Death‘ lassen jeden Rockfan mit der Zunge schnalzen. Die bereits oben angesprochenen ‚Hearts On Fire‘ und ‚Poison‘ haben es ebenso in sich wie der straighte Rocker ‚Girls Got Trouble‘.
Zum Abschluss wird es dann leider wieder schwierig: Ich bin absolut kein Balladenfan, kann mich aber mit der ein- oder anderen Herz/Schmerz-Darbietung durchaus arrangieren. Bei ‚Something They Call Love‘ klappt das leider nicht und somit endet Pleasure Beats The Pain für mich bereits nach 9 Songs.
Fazit: Im Vergleich zum Debüt muss man für Pleasure Beats The Pain etwas mehr Geduld investieren, da die Nummern nicht mehr so unvermittelt in den Gehörgang springen. Das Album klingt beim ersten Hördurchgang aufgrund der recht unterschiedlichen Songs nicht besonders homogen und man muss sich den ein- oder anderen Song erst erarbeiten. Andererseits haben wir auf dem Longplayer sechs Nummern, welche zu meinen Highlights des bisherigen Jahres zählen, was meine 84% absolut rechtfertigt.