Das Albumcover steht hier für den Inhalt: es ist ein sehr vielseitiges, allemal interessantes und gewissermaßen geheimnisvoller Output. Das Album ist eindeutig AOR zuzuordnen, beinhaltet zudem Funk Einflüsse (von Hughes), eine feine Fusion-Textur (von Thrall), wie auch New Wave-Einsprengsel. Diese Stilvielfalt, der Ideenreichtum und vor allem das klasse Songwriting sorgen auch noch heute dafür, dass das Album nicht langweilig wird.
Der Ausdruck „No Fillers, All Killers“ mag oft inflationär verwendet werden – betreffend der Qualität des Songmaterials trifft er hier dennoch uneingeschränkt zu. Bereits beim Eröffnungsdoppel ‚I Got Your Number‘ / ‚The Look In Your Eye‘ erkennt man gleich, wie unterhaltsam das Songmaterial ist. Ein weiteres Beispiel ist ‚Beg, Borrow Or Steal‘, das mit dem hochmelodischen, sprechenden Bassspiel von Hughes glänzt. Dieser Song blieb auch leider die einzige Single-Auskopplung (Billboard #79) aus dem Album. Oder eben das dynamische ‚Who Will You Run To‘ mit seinem Funkrock- Appeal inklusive eines unorthodoxen Solo-Breaks (a la Andy Summers/POLICE) – aufgebaut auf einer simplen, dennoch einprägsamen Kadenz.
Das dramatische und mit einem starken Refrain versehene ‚First Step of Love‘, welches auf einem wirkungsvollen Bassriff basiert und mit einem interessant aufgebauten Solo gekrönt wird, entwickelt sich sogar zu einem lupenreinen Metal-Song. Im Gegenzug kommen mit ‚Where Did The Time Go‘ und dem schaurig-schönen ‚Coast zu Coast‘ (ein alter TRAPEZE-Song) die ruhigen Momente auch nicht zu kurz.
Trotz der Klasse des Songmaterials, der ausgefeilten Produktion (welche auf das Konto der Produzentenlegende Andy Johns geht) und des absolut phantastischen Drum-Sounds (die involvierten Studioasse waren Frankie Banali, Gary Ferguson und Gary Mallaber) muss die Gitarrenarbeit von Pat Thrall (später unter anderem bei ASIA und MEAT LOAF) besonders hervorgehoben werden. Nicht nur sein extrem songfokussiertes und effektvolles Gitarrenspiel (unter anderem: seine Fusion-basierten Clean-Akkorde) wertet die Songs noch weiter auf, sondern auch die geschmackvoll eingesetzten Effekte. Die Gitarren-Synthesizer sowie die A/DA Flanger-Phaser-Chorus-Effekte mögen aus heutiger Sicht nichts Besonderes sein. Im Jahr 1982 waren die Sounds dennoch nahezu innovativ und richtungsweisend.
Vor allem bedingt durch die Ego-Explosionen sowie den damals nicht wirklich gesunden Lebensstil der beiden Protagonisten erfuhr das Album – trotz seiner Klasse – kaum Promotion auf der Bühne. Die unterschiedlichen Vorstellungen bezüglich der stilistischen Ausrichtung führten dazu, dass es (bis auf die vereinzelten Kollaborationen 1994/1995) seitdem zu keiner weiteren Zusammenarbeit zwischen Hughes und Thrall gekommen ist.
Die vor einigen Jahren von mir in der Presse wahrgenommenen Aussagen der beiden Hauptakteure indizieren auch künftig keine weitere Zusammenarbeit. Die unbestritten unschöne Art und Weise der Aussagen der Herren (vor allem seitens Glenn Hughes, dessen Konzerte übrigens nie ohne Songs des Hughes/Thrall-Projekts auskommen) ändern für mich nichts an der Klasse dieses Meisterwerks.