145. RICK SPRINGFIELD – Living In Oz

86

Platz
145
Punkte
418
Erscheinungsjahr
1983
Tracklist
Human Touch 5:07
Alyson 3:48
Affair Of The Heart 4:33
Living In Oz 3:49
Me & Johnny 4:26
Motel Eyes 3:12
Tiger By The Tail 3:29
Souls 4:18
I Can't Stop Hurting You 3:40
Like Father, Like Son 2:56
Line-Up
Rick Springfield - lead vocals, guitar, bass, backing vocals
Tim Pierce - guitar
Mike Seifrit, Dennis Belfield - bass
Brett Tuggle, Alan Pasqua, Gabriel Katona, John Philip Shenale, Mitchell Froom - keyboards
Mike Baird - drums
Jack White - electronic drums
Richard Elliot - saxophone solo on "Human Touch"
Michael Fisher - percussion
Richard Page, Tom Kelly - backing vocals
Unsere Wertung
86
Es gibt Dinge, die sind wichtiger – noch wichtiger – als Musik, und im Falle des gebürtigen Australiers RICK SPRINGFIELD will ich diese nicht unerwähnt lassen, weil sie mich während der Recherche für dieses Review und einiger auf Youtube veröffentlichter Interviews nicht kaltgelassen haben. Mit Baujahr 1949 hat man bereits einiges an Jahren hinter sich gelassen, und so hat auch Springfield sein Leben in einer Biografie zusammengefasst. Dies wäre nicht weiter aufsehenerregend, wenn RICK SPRINGFIELD darin nicht sehr offen über einen fiesen Dämon namens Depression berichtete hätte, der mehrfach für längere Zeit Besitz von ihm ergriffen hat. Dies hat ihn im Laufe seines Lebens immer wieder heftig ausgebremst, und er war sogar wohl mehrmals kurz davor, seinem Leid ein Ende zu setzen. Gut, dass es anders gekommen ist: der offene Umgang mit seiner Erkrankung hat vielen Menschen Mut gemacht, es ebenso zu tun und der inneren Isolation zu entkommen, und davon mal ganz abgesehen wäre nicht nur mein Plattenschrank um einige wirklich gute Alben ärmer.

Das Vorhaben, als hauptberuflicher Schauspieler und ehemaliger Teenie-Star eine weitere Karriere als ernstzunehmender Rockmusiker zu starten, ist gewagt – zu oft schon sind derartige Versuche aufgrund maßloser Selbstüberschätzung oder der frappierenden Fehleinschätzung des Managements, das mit halbgaren Veröffentlichungen noch einige Dollar aus ihren talentarmen Schützlingen rauszuquetschen versucht, gefloppt. RICK SPRINGFIELD hat es trotz zunächst erfolgreicherer Karriere als TV-Schönling in verschiedenen US-Serien definitiv geschafft und immer wieder erstklassige Rockalben auf die Menschheit losgelassen. Der Umstand, dass er bereits seit früher Jugend aktiver Musiker war, seine Songs zum größten Teil selbst schreibt und dazu auch noch eine amtliche Klampfe spielt, verleiht ihm auch die Glaubwürdigkeit, die vielen von ihrem Management in dieses Biz geschubsten Wannabees fehlt.

Spätestens mit dem Chartbreaker ‚Jessie´s Girl‘ vom 1981 erschienenen Album Working Class Dog war RICK SPRINGSFIELD auch als Musiker etabliert. Erwähnenswert ist auch der bemerkenswert kuriose Song ‚Bruce‘, in dem er sich auf lustige Art und Weise über ständige durch den ähnlichen Nachnamen von Boss BRUCE SPRINGSTEEN resultierenden Verwechslungen echauffiert. Damit schaffte er es anschließend ebenfalls in die Charts, obwohl er bereits einige Jahre zuvor veröffentlicht wurde. Der Höhepunkt seines Schaffens ist aber zweifellos das Platin-Album Living In Oz, das 1983 erschien und mit derart zahlreichen Ohrwürmern gespickt ist, dass es einen verdienten Platz Nr. 145 in unserem AOR-Album-Ranking geschafft hat. Hierfür konnte er einige namhafte Musiker gewinnen, denn die Liste der beteiligten Musiker (u.a. Gitarrist Tim Pierce, Drummer Mike Baird, Keyboarder Alan Pasqua) liest sich wie die Creme de la Creme der damaligen Musiklandschaft.

Songs wie ‚Affair Of The Heart‘, ‚Human Touch‘, ‚Souls‘ oder auch der Titelsong sind am besten als typische Rocksongs US-amerikanischer Prägung der frühen 80er Jahre zu beschreiben, wie sie auch von BRYAN ADAMS, John Cougar Mellenkamp oder Huey Lewis hervorgebracht wurden. Das Spannende an dem Album sind die vielen Überraschungsmomente, denn innerhalb der Songs zwingen immer wieder raffinierte Breaks, Keyboard-Spielereien oder druckvolle Riffs zum Zuhören, und auch der Rhythmus variiert häufig. ‚Alyson‘ z.B. beginnt als lupenreiner Reggae, bevor es im Refrain wieder ordentlich rockt. Bei ‚Tiger By The Tail‘ wird der Reggae-Rhythmus sogar konsequent durchgezogen, und trotzdem funktioniert auch dieser Song als einer mit unverkennbaren Rock-Wurzeln. ‚Me And Johnny‘ ist ein melancholischer Rückblick auf eine Jugendfreundschaft und erinnert mich persönlich sehr an ‚Summer Of 69‘ von BRYAN ADAMS im nachfolgenden Jahr veröffentlichten Album Reckless.

Den Abschluss besorgt dann der ungewöhnlichste Song, der zugleich auch mein persönliches Album-Highlight ist: bei ‚Like Father, Like Son‘ wird RICK SPRINGFIELD ausschließlich von einem Streicher-Quartett begleitet, das mit sehr rhythmischen Akzenten ein fast schon barock-anmutendes Kammermusik-Feeling fabriziert. Obwohl RICK SPRINGFIELD auch hier kaum Druck aus der Stimme nimmt, wirkt auch diese zunächst eher schräg anmutende Kombination äußerst stimmig.

Wer Bock auf ein abwechslungsreiches Rock-Album von einem sehr sympathischen und immer bodenständig gebliebenen Protagonisten hat und mit den genannten Referenz-Interpreten etwas anfangen kann, sollte unbedingt in Living In Oz reinhören. Mir ist das Album starke 86% wert.

  1. 92

    Für mich noch deutlich zu “schlecht” bewertet.
    Hier stimmt von der Instrumentierung über den
    grandiosen Gesang bis hin zu den unsterblichen Songs
    einfach alles.

    Nur das bereits erwähnte “Like Father,Like Son”
    fällt in meinen Ohren etwas ab.
    Ansonsten nur Volltreffer, der Titeltrack beispiels-
    weise begleitet mich seit Erscheinen mit geradezu
    beängstigender Konstanz