84. 707 – Megaforce

Leserwertung0 Bewertungen
0
87

Platz
84
Punkte
680
Tracklist
1. Megaforce
2. Can't Hold Back
3. Get To You
4. Out Of The Dark
5. Hell Or High Water
6. We Will Last
7. Hello Girl
8. Write Again
9. No Better Feeling
10. Heartbeat
Line-Up
Kevin Russel Guitar Lead & Backing Vocals
Tod Howarth Keyboards Rhythm Guitar
Phil Bryant Bass, Backing Vocals
Jim Mcclarty Drums
Kevin Chalfant Lead & Backing Vocals
Unsere Wertung
87
Gäbe es einen Preis für die amerikanischste aller amerikanischen Bands, wären 707 sicher ganz vorn dabei. Nicht nur, weil sie sich nach dem Typus eines ebendort beheimateten Flugzeugherstellers benannt haben, sondern weil auch die Musik sehr treffsicher auf die Herkunft ihrer Urheber schließen lässt. Geboten wird nämlich knackiger und hardrockender, weil gitarrendominierter AOR aus der prä-Hairmetal-Ära der frühen Achtziger, als die Herren der Schöpfung noch Denim, Leather und Vokuhilas trugen und Spandex-Beinkleider samt hochtoupierter Fönwellen allenfalls in den zahllosen Aerobic-Hoppeltempeln oder bei VAN HALEN anzutreffen waren. In anderen Teilen dieses Planeten lauschte man 1982 – dem Erscheinungsjahr des Albums Mega Force – hauptsächlich der NWOBHM, der NDW, den AC/DC´s und ABBA´s dieser Welt oder den nur noch leicht zuckenden Überresten aus der Resterampe der Disco- und Punk-Wellen der Endsiebziger. Für Hardrock mit Melodie hieß die Hochburg noch ganz klar USA.

Mega Force war bereits das dritte Album von 707, wobei den beiden Vorgängern nur ein recht bescheidener Erfolg vergönnt war. Zurecht wurde der Gesang als dafür verantwortlicher Faktor identifiziert, der bisher allenfalls das Prädikat „nett“ verdient hätte, aber – anders als bei den damaligen AOR-Größen JOURNEY, FOREIGNER, TOTO oder SURVIVOR – ohne jeglichen Wiedererkennungswert war. Folgerichtig wurde kurz vor den Aufnahmesessions mit Kevin Chalfant ein bis dato noch völlig unbekannter hauptamtlicher Frontman präsentiert, der deutlich mehr Druck in der Stimme hatte, viel besser zu den Songs der Band passte und somit mitverantwortlich dafür ist, dass dem Album Mega Force nicht nur ein größerer kommerzieller Erfolg vergönnt war, sondern auch ein absoluter Klassiker gelang, der es auf Platz 84 unseres AOR-Bible-Album-Rankings geschafft hat. Leider erreichte von der Band auch nur er nach diesem Album weitere Präsenz in namhaften Acts (THE STORM und TWO FIRES sowie Toursänger bei JOURNEY und ALAN PARSONS PROJECT), obwohl er mit dem Songwriting für Mega Force nichts zu tun hatte. Die im SURVIVOR-Song `It´s The Singer Not The Song´ verewigte Weisheit scheint sich in diesem Fall bewahrheitet zu haben.

Will man den Sound von 707 auf Mega Force in die passendste der mit den genannten AOR-Größen beschrifteten Schubladen stecken, wären SURVIVOR in ihrer Dave Bickler-Frühphase die beste Wahl, und auch Fans von LE ROUX mit Fergie Federikson am Mikro dürften ebenfalls bestens bedient werden. Statt Plüsch regiert Power, wodurch die ohnehin schwer festzulegende Grenze zum melodischen Hardrock gelegentlich überschritten wird. Dies wird gleich beim Opener, Titelsong und Soundtrack-Beitrag für den gleichnamigen Film `Mega Force´ deutlich, bei dem übrigens auch ein gewisser Jonathan Cain (JOURNEY) als mitverantwortlicher Songwriter aufgeführt ist. Nach kurzem Keyboard-Intro wird fröhlich und mit positiven Vibes drauflos gerockt.

In die gleiche Kerbe haut auch der Nachfolger `Can´t Hold Back´, der zudem durch eine tolle, das Gitarrensolo einleitende Bridge mit den für die frühen 80er so typischen Staccato-Keyboards (wer noch den Beginn von TOTO´s `Hold The Line‘, BON JOVI´s `Runaway´ oder MICHAEL BOLTON’s `Fools Game´ im Ohr hat, wird sofort wissen, was ich meine). Der Rocker `Get To You´ fällt mangels zwingender Melodie dagegen etwas ab, und auch von der von Gitarrist Kevin Russel gesungenen Ballade `Out Of The Dark´ bleibt recht wenig hängen, wohingegen `Hell Or High Water´ anschließend fast schon heavy aus den Boxen donnert, ein schönes Orgel-Solo hat und mit einem tollen Drum-Shuffle endet. Hätte auch ein Album von Y & T veredelt.

Mit Song Nummer sechs (bzw. Nummer 1 der B-Seite auf der Vinyl-Version) folgt dann das für mich absolute Highlight der Bandgeschichte von 707: ohne das von Drummer Jim McClarty geschriebene `We Will Last´ wäre jeder AOR-Sampler, der die Essenz der frühen Achtziger einfangen will, unvollständig. Perlende Keyboards läuten ein cooles Gitarrenriff ein, bevor für die Strophe ein Gang zurückgeschaltet wird und der Song im Refrain dann geradezu eruptiert. Dazu ein herrliches Break vor dem Solo – das ist AOR at it´s best! `Hello Girl´ steht dem kaum nach, denn nach einem verhaltenen Beginn explodiert der Song auf ähnliche Weise im Refrain sowie nach einer fantastischen Bridge und zeigt somit deutliche Kontraste, was einen Song zusätzlich spannend macht.

`Write Again´ und auch `No Better Feeling´ sind typische Gute-Laune-Rocker für die Autofahrt in den Sonnenuntergang, die aber durch ein paar Keyboard-Sounds noch zusätzlich hätten aufgewertet werden können. Das abschließende `Heartbeat´ beendet schließlich mit gemäßigtem Tempo, leicht funkigem Rhythmus und schönen Keyboards ein Album, das bei mir in den inzwischen vierzig Jahren seiner Existenz immer wieder mal den Weg auf den Plattenteller (bzw. später in den CD-Schacht) gefunden hat und mir starke 87% wert ist. Die von MTM im Jahre 2004 herausgebrachte CD-Version enthält noch sechs weitere gutklassige Songs, die sich jedoch mit Ausnahme einer Liveaufnahme von `Mega Force´ deutlich vom regulären Material unterscheiden und eine etwas progressivere Richtung einschlagen.