Für das neue Projekt tat sich David Rosenthal mit vier weiteren erfahrenen Musikern zusammen: Chuck Burgi (BALANCE, ARC ANGEL, MEAT LOAF und vor allem ein alter Kumpel aus den RAINBOW’s Bent Out Of Shape-Zeiten), Greg Smith (ALICE COOPER, später bei RAINBOW), dem Gitarrenheld Tristan Avakian (der auf dem Album nicht nur mit seinen Solis, sondern vor allem mit den ausgezeichneten Rhythm-Solo-Überleitungen glänzt) sowie das Goldkehlchen Larry Baud – ein Veteran der nordöstlichen US-Klubszene). In diesem Line-Up entstand eine der besten AOR-/ Melodic Rock-Veröffentlichung der 90er – Never Say Surrender.
Das (leider einzige) Album von RED DAWN stellt einfach eine perfekte und gut produzierte Kombination aus AOR und Hard Rock mit kraftvollem Gesang, brillanten Keyboards, virtuosen Gitarren und zeitlosen Songs dar.
Der atemberaubende Opener ‚Flyin‘ High‘ mit seinem tollen Keyboard-Solo gibt gleich die Richtung vor. Der Song deutet zudem darauf hin, dass vor allem Keith Emerson und Ken Hensley die musikalische Entwicklung von David Rosenthal beeinflusst haben. Lustigerweise verweist ‚Flyin‘ High‘ zudem dezent an ‚Slip Of The Tongue‘ von WHITESNAKE, das übrigens auch die Handschrift von Rosenthal trägt. Das langsame, intensive und phantastisch von Larry Baud eingesungene ‚Promises‘, zusammen mit ‚Christine‘ (vor allem: spezifisches Intro) wecken Erinnerungen an SURVIVOR (mit Jami Jamison) und THE STORM (von Ross Vallory). Oder das hymnische, mit dem arpeggierten Intro, dem tollen Refrain und den riesigen Backingvokals versehene ‚I’ll Be There‘ – all das ist für mich die Kulmination des nahezu perfekten AOR-Albums.
Auch die anderen Songs sind AOR der Premiumklasse, wie beispielsweise das dynamische ‚Liar‘, welches mit seinem tollen Keyboardintro, den für die Genreverhältnisse brachialen Gitarrenriffs und dem tollen Riff-/Solo-Wechselspiel glänzt. Weitere Beispiele sind die phänomenale Halbballade ‚Take These Chains‘, der Stampfer ‚She’s On Fire‘ oder der kraftvolle Titelsong, der durch das Power-Drumming von Chuck Burgi begleitet wird. All die Qualität und Klasse des Songwritings und vor allem die Melodien beweisen wieder einmal, dass AOR – vor allem in dieser Qualität – alles andere als Fahrstuhlmusik ist.
Never Say Surrender von RED DAWN mag nicht das beste AOR-Album sein, das schlechteste ist es allemal nicht. Das macht der verdiente Platz 88 in der AOR-Bible deutlich. Das Album gehört jedenfalls in jede ernstzunehmende AOR-/Melodic Rock-Musiksammlung. In die Musiksammlung gehört ebenfalls das erwähnte gleichnamige INFINITY-Album, das neben den Originalversionen eines Großteils des Never Say Surrender-Songmaterials auch einige weitere Perlen (wie ‚I’m On The Edge‘ oder ‚Secrets‘) beinhaltet, die es auf Never Say Surrender nicht geschafft haben.
Der RAINBOW-Bezug (immerhin handelt es sich um ein semi-RAINBOW-Album ohne Ritchie Blackmore, und dafür mit einer starker AOR-Note) ist ein weiteres Argument, sich mit Never Say Surrender auseinander zu setzen.
Alles in allem: Prädikat wertvoll.