TREAT – The Endgame

Label
Frontiers
Erscheinungsdatum
08.04.2022
Tracklist
1. Freudian Slip
2. Rabbit Hole
3. Sinbiosis
4. Home Of The Brave
5. Both Ends Burning
6. My Parade
7. Wake Me When It’s Over
8. Jesus From Hollywood
9. Magic
10. Carolina Reaper
11. Dark To Light
12. To The End Of Love
Line-Up
Robert Ernlund - Lead Vocals
Anders ”Gary” Wikström - Guitars, Backing vocals
Jamie Borger - Drums, Percussion
Nalle Påhlsson - Bass, Backing vocals
Patrick Appelgren - Keyboards, Backing vocals
Unsere Wertung
81
81

Kleine Geschichtskunde: In etwa zeitgleich mit EUROPE gestartet, entwickelte sich die Karriere von TREAT nicht ganz so erfolgreich wie die Ihrer Landsmänner. Hatte man bis 1985 noch die Nase vorn und heimste in diesem Jahr den Preis für die beste Hardrock-Band in Ihrem Heimatland ein, waren die nachfolgenden Jahre geprägt von diversen Besetzungswechseln. Ein unfähiges Management tat ihr Übriges und war dann auch der Hauptgrund warum TREAT um Sänger Robert Ernlund und Gitarrist Anders Wikstrom ihr kommerzielles Potential nicht voll ausschöpfen konnte.

Alle vier Alben bis zum – zumindest für Ernlund – finalen Organized Crime sind Klassiker des melodischen Hardrocks mit AOR-Schlagseite, wobei Ernlunds „Abschiedswerk“ trotz oder wegen seiner amerikanischeren Ausrichtung in der Diskographie der Schweden ganz besonders hell strahlt. Nach dem unterschätzten, schlicht Treat benannten Album aus dem Jahr 1992 mit Mats Leven am Mikro, war dann für viele Jahre Schluss mit der Herrlichkeit. Ziemlich überraschend tauchten TREAT 2010 mit dem phänomenalen Coup De Grace dann wieder auf der Bildfläche auf – zur Organized Crime-Besetzung gesellte sich am Bass Nalle Påhlsson.

In dieser neuen Zeitrechnung markiert das eben erschienene The Endgame bereits das vierte Album der Stockholmer. Aufgrund der Tatsache, dass auch die Vorgänger Ghost Of Graceland und insbesondere Tunguska äußerst stark ausfielen, durfte man gespannt sein, ob TREAT dieses Niveau auf dem aktuellen Longplayer halten können.

Um das Fazit bereits vorwegzunehmen, die Antwort lautet ja – fast. The Endgame beginnt gut, stilistisch nicht unähnlich zum Vorgänger und gewohnt hochklassig, allerdings auch mit einem Hang zu „gewöhnlich“. Songs wie der Opener ‚Freudian Slip‘, ‚Sinbiosis’ oder das von Youtube bereits bekannte ‚Home Of The Brave‘ bestechen durch hochkarätiges Songwriting und auch Ernlund singt gut wie eh und je – trotzdem fehlen mir hier die Gänsehautmomente und auch die zwingenden Refrains um aus einem sehr guten TREAT-Song einen Klassiker zu erschaffen.

Ausgerechnet das Hook-Monster ‚Wake Me When It’s Over‘ (Track 7) ist dann der Weckruf, den dieses Album gebraucht hat – denn ab hier geht dann qualitativ tatsächlich die Post ab. Warum man die Killertracks so weit hinten versteckt hat, wird wohl das Geheimnis der Band bleiben. Das nachfolgende ‚Jesus From Hollywood‘ mit seinem fast schon progressiven Rhythmus explodiert dann im Refrain zu einem superben Hardrocker. Das ruhigere ‚Magic‘ baut dann eher auf moderne Songstrukturen und der poppige Refrain ist schon fast unverschämt eingängig, meistert aber die Kurve zum Kitsch bravourös.

Der meiner Meinung nach beste Song auf The Endgame ist dann ‚Carolina Reaper‘, welcher vorzüglich die heutigen mit den 80er-Jahren TREAT verknüpft. Das düstere, für die Schweden schon fast schwere ‚Dark To Light‘ fügt sich hervorragend in das Album ein, ehe man bei der Abschlussnummer ‚To The End Of Love‘ seine epische Seite zeigt und alles gibt – besonders Erlund singt im Refrain so hoch wie wohl nie zuvor – bin gespannt, ob dieser Track live umgesetzt werden kann.

Aufgrund der zweiten Hälfte, dann also doch noch ein klasse TREAT-Album, das ich in etwa auf Augenhöhe von Ghost Of Graceland sehe – Tunguska und Coup De Grace sind aber etwas stärker.