LONELY FIRE – The Last Ride

Label
Unknown/Own Production
Erscheinungsdatum
14.06.2024
Tracklist
01. Welcome To The Future (01:19)
02. Don’t Break My Window (04:31)
03. Victory (04:32)
04. Casual Encounter (04:26)
05. Lonely Fire (04:35)
06. This Boy Is Gonna Be Wild (04:21)
07. Fighter/Lover (04:07)
08. Learn To Rock (04:26)
09. Call Of The Wild (04:18)
10. The Last Ride (05:12)
Line-Up
Fran Rosique - vocals
Antonio Hidalgo - guitar
Carlota Rosique - guitar
Jorge Maestre - bass
Pablo Pena - keyboards
Emilio Pujante - drums
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Das Covermotiv des Debutalbums The Last Ride von den Spaniern LONELY FIRE löst bei mir zunächst einmal zwielichtige Erinnerungen aus: es zeigt einen Typ in langem Mantel und Cowboyhut, der nachts durch das Vergnügungsviertel einer Großstadt schlurft und dabei – warum auch immer – eine knallrote Keytar um seine Schultern trägt. Ihr wisst schon: so ein Umhängekeyboard, das immer noch zu allererst mit MODERN TALKING assoziiert wird und wegen dem auch ich mir im Proberaum wie auch live so manchen hämischen Spruch anhören musste. Für Aufklärung sorgt jedoch eine an der Häuserschlucht platzierte Lichtreklame, die in großen Lettern „AOR“ zeigt. Trotz der darunter auf Kundschaft wartenden Dame ist uns Kennern des melodischen Rocks damit natürlich sofort klar, dass hiermit nur scheinbar ein eindeutig zweideutiges Etablissement aus der Cover-Kulisse beworben wird, sondern es sich vielmehr um einen Hinweis des Künstlers auf das handelt, was der Hauptinhalt dieser zwar skurrilen, aber handwerklich durchaus gelungenen CD – Beilage bietet.

Gleich der Opener bestätigt die durch das Albumcover geweckten Erwartungen: LONELY FIRE bieten an die 80er Jahre orientierten AOR, bei dem das Keyboard deutlich dominiert – zu sehr für meinen Geschmack, denn die fast permanent eingesetzten Flächensounds verursachen leider einen undifferenzierten und verwaschenen Soundbrei. Hier wäre weniger deutlich mehr gewesen, denn Keyboarder Pablo Pena setzt ein ums andere Mal filigrane Akzente und zeigt auf dem Album, dass er eigentlich ebenso ein Könner seiner Zunft ist wie Gitarrist Antonio Hidalgo, der mit schönen Soli zu überzeugen weiß (by the way: inzwischen ist auch Gitarristin Carlota Rosique mit an Bord, aber leider fehlen mir Informationen, ob sie bereits beim Recording involviert war).

Neben dem Albumsound ist die Qualität des Sängers ein weiteres für mich wichtiges Kriterium für ein gelungenes Album, doch leider ist dies der größte Schwachpunkt bei LONELY FIRE: Fran Rosique trällert meistens sehr gepresst in hohen Lagen, in denen er hörbar an seine Grenzen kommt. Dabei zeigt er in vereinzelten Strophen mit normaler Stimmlage, dass er durchaus auch mit Gefühl singen kann. Außerdem hat er arge Timing-Probleme und setzt in seinem hörbaren Enthusiasmus ein ums andere Mal zu früh ein. Da dies im Studio problemlos hätte korrigiert werden können, liegt die Vermutung nahe, dass Band wie auch Produzent Ivan Gonzalez (91 SUITE) beim Recording unter Zeitdruck standen, zumal neun Songs plus einem Intro auch nicht eben ein üppiges Angebot sind.

All dies wäre vielleicht zu verschmerzen, wenn diese Songs den bisher beschriebenen Eindruck aufwerten könnten, aber leider bieten LONELY FIRE auch hier meistens nur durchschnittliche Hausmannskost. Das `Welcome To The Future´ betitelte Intro soll Spannung aufbauen, nervt aber mit klinischen Drums vom Keyboard. Durchaus Hitpotential besitzen die Rocker `Victory´ und `Call Of The Wild´, wenn man es schafft, die erwähnten Schwächen zu ignorieren. Eine ähnliche Gangart bieten `Dont´t Break My Window´, `Casual Encounter´, die Bandhymne `Lonely Fire´, das mit Gangshouts garnierte `This Boy Is Gonna Be Wild´ und `Learn To Rock´, ohne sich jedoch nachhaltiger im Gedächtnis festzubeißen. Bei `Fighter/Lover´ variieren die Spanier einmal den Rhythmus und haben zudem einen Gospelchor mitwirken lassen. Allerdings geht der Versuch, dem Song auch durch den Gesang eine soulige Note zu verpassen, völlig ins Beinkleid. Der abschließende Titelsong `The Last Ride´ entpuppt sich überraschenderweise als die bereits früher erwartete Ballade, kann aber leider auch nichts mehr am durchwachsenen Gesamteindruck ändern.

Fazit: anders als die völlig verdient Europameister gewordene Furia Roja sind LONELY FIRE trotz vorhandenem Potentials noch weit entfernt von der europäischen Pole Position. Der Fairness halber füge ich noch hinzu, dass ein Teil meiner Kritik auch meinen persönlichen Hörgewohnheiten geschuldet sein mag, denn bei einigen meiner Bible-Kollegen schneidet The Last Ride deutlich besser ab als die sparsamen 60%, die ich letztendlich vergeben kann. Manchmal gehört einfach auch etwas Glück dazu, wer zur Beurteilung herangezogen wird – das ist bei Rezensenten ganz ähnlich wie bei Schiedsrichtern. 😉