ALICATE – Heaven Tonight

Label
Pride & Joy Music
Erscheinungsdatum
19.04.2024
Tracklist
1. Are You Ready
2. Under The Gun
3. Heaven Tonight
4. Big Time
5. Ride The Storm
6. Dreaming
7. Dangerous
8. Hold On
9. Count To Ten
10. You're Gone
Line-Up
Jonas Erixon – Vocals, Guitars
Fredrik Ekberg – Bass
Glenn Ljungkvist – Keyboards
Jesper Persson - Drums
Unsere Wertung
80
Leserwertung0 Bewertungen
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80

ALICATE, deren Bandnamen wie ein Konglomerat aus US-Boxlegende und britischer Thronfolgergattin klingt, sagten mir zunächst einmal gar nichts, außer dass sie es ins Billing des ersten Malmö Melodic-Festivals geschafft haben. Unserem bajuwarischen Biblehäuptling ist es aber gelungen, durch seine Umschreibung „Mischung aus keyboardorientiertem Hardrock/Melodicrock/AOR mit Charme und eher rauer Coverdale-Stimme“ meine Neugier zu wecken – er weiß halt, wie man mich kriegen kann. Und in Sachen Musikgeschmack ist er deutlich treffsicherer als bei der Wahl seines bevorzugten Fußballvereins, der dieses Jahr endlich einmal nicht deutscher Meister werden wird – da dürfen die bisherigen Vizekusener gerne auch mal meine Werderaner besiegen (hätte je nicht gleich ein 5:0 sein müssen … *grummel*).

Meine Recherche hat ergeben, dass Heaven Tonight bereits das fünfte Album der schwedischen Band ist und diese bereits seit den späten Achtzigern existieren. Mehr als eine Single und eine Tour als Support für IAN GILLAN steht allerdings nicht auf der Habenseite der frühen Bandgeschichte. Erst 2009 erschien mit World Of Anger das erste Album, dem Free Falling (2013), Unforgiven To Be Forgiven (2018) und Butterfly (2022) folgten. Letzteres wird im Pressetext von Pride & Joy, dem aktuellen Label von ALICATE, als ihr bisher erfolgreichstes gepriesen. Der „dort eingeschlagene Weg mit mehr Melodie und Hooks“ soll nun auf Heaven Tonight fortgesetzt werden. Mal sehen, ob dies gelingt.

Zum Einstieg wird mir erst einmal mit feel Vieling ein sehr schönes, sphärisches und mit flächigen Keyboards unterlegtes Gitarrensolo kredenzt, bevor mich ein heftiges Drumgewitter in beinahe Painkiller-Reichweite aus allen Träumen reißt und vor Schreck fast vom Sofa plumpsen lässt. Der Songtitel fragt schelmisch `Are You Ready? ´- ja ja ja, ich bin jetzt hellwach und gelobe meine volle Aufmerksamkeit für das, was da noch kommen mag. Humor hat die Band schon mal, und auch der metallische Opener bewegt bei mir beide Daumen samt den dort angewachsenen Fäusten nach oben.

Das folgende `Under The Gun´ (klingt etwas nach einem der seltenen AOR-Ausflüge von VIRGIN STEELE, als die noch gut waren), der Titelsong `Heaven Tonight´ und `Big Time´ (hat viel von VAN HALENs `Why Can´t This Be Love´) sind im Midtempo angesiedelt. Dort setzen ALICATE auf schöne Chöre, ansprechende Keyboard-Untermalungen und vertraute Songstrukturen, die zwar keinen Klassiker-Alarm auslösen, aber allesamt gekonnt serviert werden und angenehm hörbar sind. Die anschließende Ballade namens `Ride The Storm´ entpuppt sich entgegen des Songtitels eher als laues Lüftchen und dümpelt etwas reichlich unspektakulär vor sich hin.

Mit `Dreaming´, `Dangerous´ (schönes, vielseitiges Gitarrensolo mit allerlei Spielereien wie Wah Wah-Effekt, wilden Shreddern und doppelläufigen Leads) und dem Stampfer `Hold On´ gewinnen ALICATE dann wieder an Boden, bevor meine persönlichen Albumhighlights das Ende des Albums einleiten: `Count To Ten´ ist ein treibender Rocker mit Widerhaken-Hookline, und den dicksten Bock schießen die Schweden mit dem Rausschmeißer `You´re Gone´ ab. Wer dermaßen authentisch die seligen Briten MAGNUM huldigen kann, hat bei mir einen dicken Stein im Brett, und ich bekomme angesichts der Nähe zum so vertrauten Songwriting des jüngst verstorbenen MAGNUM-Masterminds Tony Clarkin einen dicken Kloß im Hals.

Ein fetter Pluspunkt ist der Mörder-Gitarrensound von Bandkopf Jonas Erixon, der seine Axt zudem eher in breitbeiniger Heavyrock-Manier malträtiert und gerne auch mal den Wimmerhaken einsetzt. Cool – das würde manches zu seicht geratene Alben aus unserem Genre ordentlich aufwerten. Zudem ist er auch noch ein guter Sänger, der gerne öfter seine Komfortzone verlassen und außerhalb der mittleren Tonlage zwitschern könnte. Die seltenen Momente, wo er dies einmal tut, sind für mich eine zusätzliche Bereicherung. Ein kleiner Minuspunkt sind die für meinen Geschmack zu sehr in den Hintergrund gemischten Drums, die mehr Wumms vertragen könnten. Alles in allem aber ein, öhm, rundes Album mit einem coolen Auftakt, einem Hänger in der Mitte und einem krönenden Abschluss, der meine Bewertung doch noch auf satte 80% hievt. Ich kann mir gut vorstellen, dass ALICATE live nochmal eine ordentliche Schippe drauflegen können, und freue mich umso mehr auf´s Malmö Melodic Festival.