CHRIS ROSANDER – The Monster Inside

Label
Pride & Joy
Erscheinungsdatum
17.02.2023
Tracklist
1. The Monster Inside
2. Only Hearts Die Young
3. Nothing Last Forever
4. High On Love
5. The Labyrinth
6. This Isn't New
7. Northern Lights
8. When I'm Gone
9. Broken Soul
10. Turn Your Heart To Stone
11. Little White Lines
Line-Up
Chris Rosander: Guitars, vocals, Keys on `The Labyrinth´, `Only Hearts Die Young´
P-O Sedin (ex- Perfect Plan): Bass
Magnus ”Grunna” Grundström: Drums
Rasmus Fors (Jetbone): Keyboard/Organ/Piano on `The Monster Inside´, `Nothing Last Forever´, `High On Love´, `This Isn't New´, `When I'm Gone´, `Broken Soul´, `Turn Your Heart To Stone´, `Little White Lines´
Johan Sjödin: Keyboard/Organ on `Northern Lights´
Anton Frengen: Solo on `The Monster Inside´
Unsere Wertung
75
75

Ein in weiten Teilen dünn besiedeltes Land wie Schweden mit seinen gerade einmal 10,5 Millionen Einwohnern hat eine derart erstaunliche Anzahl weltweit erfolgreicher Musiker und Songwriter hervorgebracht, dass man sich unwillkürlich nach den Gründen für diese überdurchschnittliche kreative Kraft fragen muss. Gerade im Bereich des AOR und Melodic Rock hat sich Schweden mittlerweile zur weltweiten Hochburg gemausert.

Eine gewagte Theorie besagt, dass sich das skandinavische Selbstverständnis mehr über Freizeitaktivitäten als über den Job definiert, denn der Unterschied zwischen dem Gehalt z.B. einer Krankenschwester und dem eines Arztes ist bei weitem nicht so groß wie in Mitteleuropa, weshalb eine berufliche Karriere einen vergleichsweisen geringeren Stellenwert haben dürfte. Vielleicht sorgt auch die niedrigere Durchschnittstemperatur für gesteigerten kreativen Output, denn die Beschäftigung mit Musikinstrumenten und Songwriting am Kamin im wohligen Holzhaus bietet sich geradezu an, wenn es draußen arschkalt ist. Auch haben Musikschulen in Schweden einen hohen Stellenwert und sorgen mit einer soliden Grundausbildung ihrer Schüler schon in jungen Jahren für das nötige Rüstzeug. Wer Bock hat, kann auf https://elchkuss.de/musik-aus-schweden/ über die Besonderheiten der schwedischen Musikszene nachlesen.

Der 25-jährige Musiker und Songwriter CHRIS ROSANDER aus der mittelschwedischen Provinzstadt Örnsköldsvik ist zwar noch weit entfernt von einem weltweiten Erfolg, schreibt aber bereits seit seinem 14. Lebensjahr Songs im AOR/Melodic- und Westcoast-Genre und ist somit ein Paradebeispiel für bereits in jungen Jahren aufgeblühte skandinavische Kreativität. Im März 2020 wurde sein erstes Album King Of Hearts bei AOR Heaven veröffentlicht, wofür er passable Kritiken erntete. Sein zweites Album The Monster Inside erscheint nun am 17. Februar 2023 bei Pride & Joy und wurde von Chris wieder selbst geschrieben und produziert. Nebenbei hat er (wie auch schon bei seinem Debutalbum) nicht nur den Gesang übernommen, sondern auch noch alle Gitarren sowie einige Keyboards eingespielt. Respekt – der junge Mann weiß offensichtlich ganz genau, was er will und lässt sich nicht in die Suppe spucken!

Inhaltlich geht es in diesem Konzeptalbum um innere Dämonen (das deutschsprachige Pendant zur Metapher des Albumtitels) und die dadurch ausgelösten unterschiedlichsten absurden Verhaltensweisen – so zumindest wird CHRIS ROSANDER im Pressetext seines Labels zitiert. Thematisch wird dem geneigten Hörer somit durchaus anspruchsvollere Kost kredenzt als das ansonsten genretypische Sex-and-Drugs-and-Rock´n´Roll-Einerlei, wobei die Songs jedoch keinen durchgehenden Handlungsstrang bieten, sondern in sich abgeschlossene Geschichten.

Der Opener und Titelsong `The Monster Inside´ beginnt recht hardrockig. Dies ist insofern überraschend, da das Debutalbum eher durch häufige TOTO- und CHICAGO-Anleihen auffiel. Der Song besticht durch einen sehr eingängigen Refrain und wird durch schöne Keyboard-Teppiche und eine markante Schweineorgel garniert.  Sehr starker Auftakt!

`Only Hearts Die Young´ beginnt recht rhythmisch und zeigt die deutlichen TOTO-Anleihen, die man nach dem ersten Album erwartet hatte. Apropos Rhythm-Section: der große Kritikpunk des ersten Albums wurde ausgemerzt, indem mit Magnus Grundström ein hauptamtlicher Drummer verpflichtet wurde, der sich nun auch wahrlich nicht mehr das schwedische Pendant zu Angelo Sasso anhört. Teilweise trommelt er in einzelnen Passagen proggig-vertrackt, was mir manchmal etwas den Fluss des Songs nimmt, aber das ist halt Geschmackssache. Auch `Nothing Last Forever´, `High On Love´, `This Isn´t New´ und `The Labyrinth´ hauen in die gleiche Kerbe und sind durchweg wieder gutes Futter für TOTO-Fans, ohne jedoch ganz die Klasse der Amerikaner zu erreichen.

`Northern Lights´ lässt dann wieder mehr aufhorchen, denn dieser Song ist eher Classic Rock als AOR und sorgt für Abwechslung. Ich würde mich nicht wundern, wenn CHRIS ROSANDER zuletzt viel GLENN HUGHES in seiner Funk- und Soul-Phase gehört hätte, denn hier setzt er seine Stimme mit einem ähnlich souligen Timbre ein, was ihm ausgezeichnet steht.

`When I´m Gone´ verspricht schon im Titel saftigen Herzschmerz und ist demzufolge auch eine Ballade, der mit `Broken Soul´ ein eher hardrockiger Song folgt, welcher durch seine dissonanten Gitarrenchords etwas sperrig ist. Die starke Betonung des Rhythmus wird durch einen geslappten Bass erzeugt, den man in diesem Genre auch nicht alle Tage zu hören bekommt. `Turn Your Head To Stone´ bedient dann meine vom Vorgänger erzeugte Sehnsucht nach einem treibenden 4/4-Takt und hat einen schönen Refrain, bevor meine Ohren beim Rausschmeißer `Little White Lines´ wieder leichtes GLENN HUGHES-Feeling vernehmen.

Insgesamt ist The Monster Inside ein sehr solides Album, das mit dem furiosen Opener und Titelsong seinen stärksten Song hat und sein Pulver somit etwas früh verschießt. AOR- und insbesondere TOTO-Fans sollten aber unbedingt in das Album reinhören, denn sie werden mit eingängigen Melodien, gutem Sound und instrumentaler Klasse bedient. Allen voran natürlich von CHRIS ROSANDER himself, vor dessen Gesamtleistung ich großen Respekt habe, weil er eine variable und angenehme Stimme hat und darüber hinaus eine wirklich amtliche Gitarrenarbeit abliefert. 75% auf der AOR-Bible-Skala lassen noch Luft nach oben, aber bei einer ähnlichen Steigerung wie vom Debut zu diesem Album darf man von einem erst 25jährigen noch einige Großtaten erwarten.