Konzertbericht: HARTMANN, 19.08.2021

Tour / Location
15th Anniversary Acoustic Tour ’21, Beavers, Erlenbach
Line Up
Oliver Hartmann – Vocals/Gitarre
Ina Morgan – Vocals/Gitarre
Oliver Schulte – Percussions
Armin Donderer – Bass

Ende 2018 musste der Musicclub Beavers in Miltenberg aufgrund des ausgelaufenen Pachtvertrags seine Pforten schließen. Die schwierige Standortsuche, Neubau und Verzögerungen durch Corona sorgen dafür, dass es erst im Sommer 2021 weiter gehen kann. Gestartet wird mit mehreren Open Airs am neuen Standort im Erlenbacher Industriegebiet, bevor Anfang September die neue Location auch den Innenbereich mit dem ersten Konzert öffnet.

Im Rahmen der “15th Anniversary Acoustic Tour ’21” tritt HARTMANN mit seinem Acoustic-Line Up auf. Ob es an dem trüben Wetter liegt, es sich noch nicht richtig herumgesprochen hat, dass das Beavers wieder am Start ist oder ob der kostenlose Auftritt in der Aschaffenburger Nachbarschaft vor zwei Wochen einfach noch nicht lange genug her war? Denn leider haben sich heute an den Bierzeltgarnituren keine 100 Zuschauer eingefunden, wo doch locker Platz für 500 Gäste ist.

Obwohl offizieller Konzertbeginn erst um 20.30 Uhr ist, steht die Band schon auf der an eine große Hüpfburg erinnernden Bühne, als wir gegen 20.15 Uhr auftauchen. Netterweise wird meine Frau im Out In The Cold-Shirt gleich von Oliver von der Bühne herunter begrüßt. Na, das ist mal ein Start! Ob ‘Coming Home To You’ der Opener ist oder wir etwas verpasst haben, kann ich jetzt gar nicht sagen. Definitiv nicht verpasst haben wir die Vorband, denn die ist erst gar nicht aufgetaucht.Die Band ist sofort auf Betriebstemperatur und es fällt auch nicht negativ auf, dass Oliver Schulte den etatmäßigen Drummer Markus Kullmann ersetzen muss. Geboten wird heute ein Querschnitt aus allen Schaffensperioden der letzten 16 Jahre. 15th Anniversary-Tour und 16 Jahre? Tja, auch diese Tour musste Corona bedingt mehrfach verschoben werden.

Es folgen das ruhige ‘The Journey’ und der Kracher ‘What If I’ vom Debütalbum. Gleich fällt auf, dass Ina Morgan mit ihrer rauchigen Stimme perfekt mit dem Organ von Oliver harmoniert. Die gute Frau ist eine perfekte Bereicherung für das Line Up der Band, seit sie den ausgestiegen Vorgänger Mario Reck ersetzt. Über die Sangesleistung von Oliver Hartmann selbst, muss man nicht viele Worte verlieren, denn für mich ist er einer der besten Sänger des Landes.

Etwas entsetzt bin ich über das musikalische Unwissen der Anwesenden, denn auf die Frage “Wer kennt hier ICEHOUSE”, gehen doch tatsächlich nur die Arme von meiner Frau und mir hoch. ‘Street Café’ vom letzten Album 15 Perls And Gems kommt dann aber trotzdem super an. Scheinbar ist das Lied selbst doch nicht ganz so unbekannt wie der Bandname. Auch ‘Don’t Want Back Down’ und ‘Suddenly’ räumen gut ab, bevor es mit dem eher traurigen ‘How Does It Feel’ von der aktuellen Scheibe wieder etwas gedämpfter zugeht. Bei der Janis Joplin-Coverversion ‘Bobby McGee’ darf Ina zeigen, was alles in ihr steckt. Was für eine Röhre! Damit stiehlt sie dem Bandchef tatsächlich mehrfach die Schau. Wenn sie denn mal singt! Denn bei ihrer Ansage gerät sie mehrfach so ins Lachen, dass sie kaum zum Luftholen kommt. Überhaupt passen die launigen Ansagen der beiden heute perfekt zum harmonischen Bild der Band. Man nimmt sich gegenseitig auf die Schippe und ist alles andere als bierernst. Dazu kommen lustige Anekdoten zu diversen Videodrehs bei eiskalten Temperaturen oder in den heimischen Sandgruben, weil man gerne auf Metallica‘s Spuren in der Wüste wandeln möchte.

Danach ist erst einmal eine kurze Pause angesagt, die für einen Plausch am Merchandising-Stand genutzt wird. Zu dem 2,04 m großen Carlos muss auch ich aufschauen. Er kann mein Bedauern verstehen, dass es keine Shirts in XXL gibt und auch meine Frau geht leer aus, weil keine Girlie-Shirts in XS im Programm sind.

Der zweite Teil des Sets beginnt mit ‘Simple Man’ von Hands On The Wheel. Auf dem Album noch als Duett mit Eric Martin, darf dann natürlich Ina “Erika” Morgan als “billiger” Ersatz einspringen, was sie hervorragend macht. Ich habe zumindest Eric nicht vermisst.

Im Gegensatz zu ICEHOUSE sind Jermaine Jackson und Pia Zadora den Leuten hier eher ein Begriff, denn die Reaktionen auf die Ankündigung von ‘When The Rain Begins To Fall’ sind deutlich euphorischer. Die HARTMANN-Version ist aber auch ein echter Knaller und im Vergleich zum dünnen Stimmchen von Frau Zadora singt Ina hier alles in Grund und Boden! Mit ‘Still The Same’, ‘Dance On The Wire’ und ‘After The Love Is Gone’ wird es danach besinnlicher. Da habe ich ein bisschen eine Uptempo-Nummer wie ‘I Won’t Get Fooled Again’ vermisst. Das mag aber auch dem Akustik-Konzept der Tour geschuldet sein.

Zeit für die nächste Coverversion: Ina darf sich an AC/DCs ‘You Shook Me All Night Long’ versuchen. Absoluter Hammer in dem Gewand und mit ihrer Stimme. Offensichtlich ist ein nicht unerheblicher Teil des Publikums mit AC/DC besser vertraut als mit dem Material von HARTMANN. Danach geht es mit dem genialen Opener des Debüts ‘Alive Again’ und dem Titelsong ‘Out In The Cold’ zurück zur Anfangsphase 2005. Das letzte Lied wird dabei mit Jam-Teil und Mitsingspielchen zum absoluten Feuerwerk.

Nach kurzer Pause kehrt die Band für eine Zugabe auf die Bühne zurück. Wer die DVD Handmade besitzt oder die Karriere von Oliver seit seinen Tagen bei der Coverband SPIDER verfolgt, weiß natürlich, was jetzt kommt: eine überragende Version des John Miles-Klassikers ‘Music’!
Ein würdiger Abschluss für unser erstes Konzert seit eineinhalb Jahren! Wer noch die Gelegenheit hat, sich einen Auftritt dieser Tour anzusehen, sollte sich dies nicht entgehen lassen. Möglichkeiten gibt es noch einige:

29.08.21 DE | Hanau | Open Air t.b.a
03.09.21 CH | Trübbach | Jonnys Lion Cave – Open Air
15.09.21 DE | Zwickau | Kulturzentrum St. Barbara
18.09.21 DE | Neu Isenburg | Open Doors Festival
19.11.21 DE | Oberhausen | Resonanzwerk (mit Dennis Hormes / Support. Losing Gravity)
20.11.21 BE | Antwerpen | All Star Fest
26.11.21 DE | Hamburg | Klangbar
03.12.21 DE | Schramberg | Kulturbesen

Seit dem überragenden Auftritt  als Opener beim United Forces Of Rock 2005 in Ludwigsburg haben wir schon einige Konzerte von HARTMANN erlebt und wir haben unser Kommen nie bereut. Einer der großartigsten Künstler aus unserem Land, der gerne mehr Beachtung verdient hätte.