LE MANS – s/t (1986)

Label
Columbia
Erscheinungsjahr
1986
Tracklist
1. Love Lies 3:32
2. Don't Wanna Work 3:00
3. Love Is a Waste of Time 3:57
4. Never Wanna See You Cry 4:30
5. Addicted 3:44
6. Chain Around Your Heart 3:28
7. Bad Reputation 3:22
8. Life of Rock N' Roll 2:57
9. Misunderstanding 3:46
10. Sex-Guitars-Rock N' Roll 3:47
Line-Up
Brett Bloomfield, bass
Derek Frigo, lead and rhythm guitar
Peter Marrino, lead vocals
Kenny Stavropoulos, drums
Johnny Johnson, rhythm guitar, keybords, vocals
Unsere Wertung
94
94

Trotz der vergleichsweisen überschaubaren Diskographie (von nur 2 Alben), zählen LE MANS für mich zu den interessantesten und entdeckungswertesten AOR-/Melodic Rock-Bands der 80er.

War das LE MANS-Debüt von 1983 bereits durchaus solide und schlug in die gleiche Kerbe wie die zeitgleich erschienen Erstlinge von ICON/KEEL ein, vollzog man auf dem zweiten Album eine Stiländerung vom reinen US-Metal (man war zu der Zeit eine der Zugpferde des Shrapnel-Labels von Mike Varney) zu Melodic Rock/AOR. Das Ergebnis davon war – in meinen Augen – eine der besten Melodic-Rock-Veröffentlichungen der 80er.

Wie ICON (in der AOR-Bibel völlig zu Recht vertreten), haben auch LE MANS zeitlebens nicht die (kommerzielle) Anerkennung erhalten, die ihnen zugestanden hätte. Obwohl alle Voraussetzungen – die musikalische Klasse, die tollen, hochmelodischen, einprägsamen und zugleich ausgefeilten Songs, angereichert um kleine, aber feine Keyboard-Schnörkeln – stimmten, hatte die Band kein Glück. Peter Marino war ein allemal ausdrucksstarker Frontmann und fähiger Songwriter. Mit Derek Frigo (später: ENUFF Z‘NUFF) hatten LE MANS zudem ein vielseitiges, jazz-ausgebildetes Ausnahmetalent (Sohn der Legende Johny Frigo) an der Gitarre in seinen Reihen. Auch die Zeitspanne 1985-1986 stand einer erfolgreichen Karriere nicht im Weg.

Zur Analogie LE MANS – ICON: Die beiden Bands verbindet die US-Metal-Vergangenheit, der Zeitpunkt der Veröffentlichungen, starke Frontmänner und Gitarristen sowie die auf dem zweiten Album vollzogene stilistische Wechsel zu AOR/Metal Rock. Im Gegensatz zu ICON verzichteten LE MANS jedoch auf den Einsatz externer Songwriter. Die Produktion von Mike Varney auf Le Mans ist zudem eindeutig gitarren- und bassbetonter als die von Eddie Cramer auf Night Of The Crime. Welches der beiden Alben – ob Le Mans oder Night Of The Crime – man bevorzugt, ist Ansichtssache. Aus meiner Sicht sind diese qualitativ gleichwertig.

Bereits der hochmelodische, mit den Arpeggien beim Bridge und den tollen Licks glänzende Opener ‚Love Lies‘ entpuppt sich als AOR-Highlight per Excellence. Mit den darauffolgenden Titeln setzt sich die Klasse fort. Der Leckerbissen ‚Don’t Wanna Work‘ ist einfach ein schöner Rocksong, der mit einem Saxophonsolo zusätzlich aufgewertet wird. Nach der tollen Ballade ‚Never Wanna See You Cry‘ (der einzige Song, der nicht aus Feder von Peter Marino stammt), folgen mit ‚Misunderstanding‘ und mit dem riff-orientierten Rocker ‚Addicted‘ weitere Highlights. Bei letzterem blickt die US-Metal-Vergangenheit von LE MANS durch. Ebenfalls überragend: Der Rocker ‚Bad Reputation‘, welcher in Dokken-Manier auch heute noch überzeugen kann. Vor allem die beiden zeitlosen Übersongs – das intensiv eingesungene ‚Love Is A Waste of Time‘ sowie das kernige, und gleichzeitig nicht zu überhörende Melancholie verströmende ‚Chain Around Your Heart‘ (erinnert mich an Aldo Nova zu der Zeit 82-83) – stellen die Krönung des Albums dar.

Sollte es an Le Mans etwas zu kritisieren geben, sind es neben der relativ kurzen Spielzeit von rund 37 Minuten auch der an sich solide, dennoch etwas klischeehafte Schlusssong in Form von ‚Sex-Guitars-Rock N’ Roll‘. Dieses großartige Album hätte einen besseren Abschluss verdient.

Auch wenn Le Mans nicht vom kommerziellen Erfolg gekrönt wurde und die Band kurz nach der Veröffentlichung auseinanderbrach, lohnt es sich allemal, den weiteren musikalischen Werdegang der LE MANS-Musiker zu verfolgen – man wird mit der einen oder anderen interessanten Entdeckung belohnt.

In der physischen Form existiert das Album als Original Tape, LP (2 Auflagen von 1986) und auf CD. Als CD ist das Album zuletzt von Yesterrock im Jahr 2010 neu aufgelegt worden. Diese Neuauflage überzeugt mit einer guten Klangqualität sowie Aufmachung und ist derzeit in der Preisspanne zwischen 10 und 15 EUR verfügbar.