155. GRAND PRIX – Samurai

Die absolut berechtigten Fragen lauten: Warum ist Samurai von GRAND PRIX hörenswert und worin liegen seine Stärken?

Zum einen liegt es an den Beteiligten. Die Fans von URIAH HEEP und/oder M.S.G. werden früher oder später über GRAND PRIX stolpern. Der Grund dafür sind unter anderem die Namen Phil Lanzon (quasi der Co-Head von URIAH HEEP seit 1985) und Robin McAuley (Vocals und Co-Songwriting auf Perfect Timing, Save Yourself und M.S.G. – die 3 Alben gehören meiner Meinung nach zu den Highlights der M.S.G.-Diskographie). Samurai ist daher allemal interessant für die M.S.G.- und URIAH HEEP-Fans.

Die Antwort auf die zweite Frage lautet: Samurai ist einfach eine der besten Pomp- / Melodic-Veröffentlichungen aus UK und zählt zu den Referenzalben der New Wave of British Pomp and Melodic Rock. Fiel das Debüt (noch mit Bernie Shaw, ebenfalls seit 1985 bei URIAH HEEP) gut, aber stellenweise noch etwas orientierungslos aus, war bereits auf dem zweiten Album There For None To See (mit McAuley) eine klare Steigerung wahrzunehmen. Samurai von 1983 stellt das dritte und das letzte GRAND PRIX-Album dar und fasst die Stärken der Band sowohl im Songwriting, wie auch in der Umsetzung am besten zusammen – vor allem die charismatische Stimme von Robin McAuley und die Keyboards von Phil Lanzon geben den Songs eine Seele.

Samurai erschien zur Hochzeit von NWOBHM und ist live präsentiert worden – GRAND PRIX waren unter anderem Vorband von IRON MAIDEN auf dem UK-Leg der Piece Of Mind-Tour. Teils auf Grund der Teilnahme an der Tour mit IRON MAIDEN, teils auf Grund der vergleichsweise knackigen Single ‚Shout‘ – die für das Album aber nicht wirklich repräsentativ ist – werden GRAND PRIX fälschlicherweise in den NWOBHM-Topf geworfen. Der grobe stilistische Vergleich mit den Bands wie STYX (jedoch ohne unnötigen Pomp-Ballast), SURVIVOR (Caught In The Game, vor allem auf Grund der Keyboards und der rhythmus-betonten Gitarrenarbeit), KANSAS (Vinyl Confessions), REO SPEEDWAGON (Hi Infidelity) und LOVERBOY trifft da eher zu.

Bereits der Opener ‚Give Me What’s Mine‘ legt die Latte meterhoch. Angetrieben von den tollen Keyboards (als ob Jim Peterik die Tasten bedienen würde) rundet Robin McAuley diesen großartigen Song mit seinen kraftvoll-melodischen Vocals perfekt ab. Anschließend reiht sich Hit an Hit. Beispielhaft seien dazu genannt: ‚Somewhere Tonight‘ (mit seinen tollen Hooks), der bereits erwähnte Stampfer ‚Shout‘, ‚High Time‘ (SURVIVOR bestellen viele Grüße) oder der ‚Countdown To Zero‘ – neben dem abwechslungsreichen Titeltrack ein weiterer Song mit Japan-Bezug. Besonders hervorzuheben ist das hochmelodische ‚50/50‘ mit seinem interessanten rhythmischen Off-Beat-Aufbau, bei dem Robin McAuley eine der besten Leistungen seiner gesamten Karriere abliefert.

Für den ordentlichen Mix und die passende Produktion zeichnen sich Guy Bidmead (WHITESNAKE, MOTÖRHEAD, GIRLSCHOOL, EXCITER) bzw. John Eden (STATUS QUO, NAZARETH, SWEET) verantwortlich, die das Album zu einem Hörgenuss machen.

Daher: Samurai ist aus meiner Sicht ein allemal hörenswertes Zeitdokument und zu Recht ein absoluter Klassiker der melodischen Rockmusik.

Tipp am Rande: ebenfalls sehr empfehlenswert ist das starke Vorgängeralbum There For None To See mit dem Ohrwurm ‚Keep On Believing‘, das nur unwesentlich „schlechter“ als Samurai und ebenfalls mindestens eine Hörprobe wert ist.

Ebenfalls sehr empfehlenswert ist das Projekt BLACK SWAN, das neben Robin McAuley aus Mitgliedern von DOKKEN, WHITESNAKE, WINGER und MR.BIG besteht – die genannten Bands geben den stilistischen Breitegrad des Projekts vor. Shake The World (ich bin mir sicher: die Singles ‚Immortal Souls‘, ‚Sacred Place‘ oder ‚Long Road To Nowhere‘ werden auch in 30 Jahren Hits bleiben) ist einfach eine der stärksten Classic Rock-Veröffentlichungen des Jahres 2020.