Zugegebenermaßen kann ich bis heute mit den ersten drei Veröffentlichungen von ASIA, namentlich Asia, Alpha und Astra, wenig bis gar nichts anfangen.
Zu poliert erscheinen mir die Songs, teilweise mit zu viel Bombast künstlich aufgeblasen und viel zu brav produziert. Außerdem habe ich der 1981 gegründeten Supergroup um Geoff Downes (Keyboards und Gesang, u.a. Ex-YES), John Wetton (Bass und Gesang, u.a. Ex-KING CRIMSON), Steve Howe (Gitarre, u.a. ebenfalls Ex-YES) und Schlagzeuggott Carl Palmer (u.a. Ex-ELP) nie wirklich abgenommen, dass es sich bei ASIA tatsächlich um eine richtige Band handelte und nicht etwa um ein am Reißbrett konzipiertes Projekt.
Nach der vorübergehenden Auflösung 1985 änderte sich 1992 mit der Reunion und der Veröffentlichung des Comeback-Albums Aqua meine Einstellung jedoch schlagartig. Für John Wetton hatte man John Payne an Bass und Lead Vocals verpflichten können, zudem unterstützte Al Pitrelli (u.a. SAVATAGE) Steve Howe an der Lead- und Rhythmusgitarre.
Generalüberholt im Sound, nichts klang mehr unnötig überladen, sondern angenehm homogen. Natürlich (sofern man das bei einer Produktion dieses Genres sagen kann) und immer songdienlich, präsentierte man sich frisch und abwechslungsreich. Schon das wunderschöne, instrumentale Intro ‚Aqua/Part I‘ kann mit einer herrlichen, auf der Akustikgitarre gespielten Melodie punkten, ehe es übergangslos mit dem ersten Highlight ‚Who Will Stop The Rain?‘ weitergeht. John Payne glänzt mit überaus variablen Gesangslinien, bevor es in den unwiderstehlichen Refrain übergeht, nur noch getoppt von einem sowohl technisch herausfordernden, als auch hochmelodisch veranlagten Gitarrensolo, welches von dem höchst gekonnten Wechselspiel aus Akustik- und elektronischer Gitarre vollends zu überzeugen weiß.
Hatte sich das Klangspektrum der Jungs vor der Reunion noch weitestgehend klar und deutlich im massentauglichen AOR bewegt, so bekam man auf Aqua in Form des treibenden ‚Little Rich Boy‘ oder des rockigen ‚Back in Town‘ auch überraschend harte Töne kredenzt, was der Band ausgesprochen gut zu Gesicht stand. Natürlich entfernte man sich nicht vollständig von seinen Wurzeln, was angesichts des kommerziellen Erfolgs, gerade des Debütalbums, auch nicht sonderlich klug gewesen wäre. So finden sich mit dem angenehm bombastischen, aber immer druckvollen ‚Someday‘, der Ballade ‚Love Under Fire‘ oder dem reinrassigen AOR-Knüller ‚Don`t Call Me‘ auch durchaus vertraute Klänge auf der Scheibe. Aber immer auf das wesentliche beschränkt, ohne Firlefanz, präsentiert von absoluten Könnern an ihren Instrumenten und gekrönt durch eine bis dahin nie gekannte Variabilität in Sachen Gesangsperformance.
Nach den letzten Tönen des abschließenden ‚Aqua/Part II‘ bleibt einem deshalb gar nichts anderes übrig als die Repeat-Taste zu betätigen.
Besser, homogener und musikalischer als auf Aqua haben ASIA in meinen Ohren nie wieder geklungen.