172. BROTHER FIRETRIBE – False Metal

95

Platz
171
Punkte
354
Erscheinungsjahr
2006
Tracklist
1. Break Out 4:42
2. Valerie 4:51
3. I'm On Fire 4:59
4. Love Goes Down
5:01 5. Devil's Daughter
4:14 6. Midnite Queen
4:30 7. One Single Breath 4:23
8. Lover Tonite 3:49
9. Spanish Eyes 4:47
10. Kill City Kid 3:38
11. Mighty Wings bonus track
4:16 12. Hungry for Heaven bonus track 3:44 Cover: Dio
Line-Up
Pekka Ansio Heino Vocals
Emppu Vuorinen Guitars
Jason Flinck Bass, Backing Vocals
Tomppa Nikulainen Keyboards
Kalle Torniainen Drums
Unsere Wertung
95
Atemnot aufgrund der unfassbaren Hitdichte bekommen heutzutage immer noch Melodicrockfans, wenn sie das Debüt von BROTHER FIRETRIBE auflegen. Selbige könnten aber auch Hörer erleiden, welche eine Allergie gegen Tasteninstrumente haben, denn hier gibt’s Keyboards, viele Keyboards, ganz ganz viele Keyboards.

Aber alles der Reihe nach: Bekanntester Musiker der Finnen war Gitarrist Emppu Vuorinen, der mit seiner Stammband NIGHTWISH weltweite Anerkennung feiert. Jedoch konnte auch Sänger Pekka Ansio Heino mit seiner Band LEVERAGE zumindest in seinem Heimatland einige kommerzielle Erfolge vorweisen, bevor die beiden zusammen mit Jason Flinck (Bass), Tomppa Nikulainen (Keyboards) sowie Kalle Torniainen (Drums) im Jahr 2002 BROTHER FIRETRIBE ins Leben riefen – seit 2014 sitzt Hannes Pirlia am Schlagzeug, die Gitarre übernahm 2020 Roope Riihijärvi. Wer jetzt eine Mischung aus den beiden Stammbands der Protagonisten erwartet, liegt natürlich ganz falsch, denn wie oben schon angedeutet, erinnert hier rein gar nichts an NIGHTWISH oder LEVERAGE. Es scheint vielmehr, als ob Vuorinen dieses Side-Projekt dazu nutzte, um anderen die Akzente zu überlassen und diese Steilvorlage weiß Nikulainen auf False Metal zu nutzen, da beinahe jeder Song auf seinen kolossalen Keyboardsounds aufbaut.

Der Opener ‘Breakout’ gibt dann auch gleich die Richtung vor, welche den Hörer bis zum finalen Dio-Cover ‘Hungry For Heaven’ begleitet: Hier duellieren sich Keyboardmelodien mit futuristischen Synthesizerattacken, welche letztendlich in einem Refrain explodieren, der einem nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Etwas gemäßigter geht es mit ‘Valerie’ weiter, bevor sprichwörtlich die Feuerwehr mit der nachfolgenden ersten Singleauskopplung ‘I’m On Fire’ abgeht: Getragen von einer Keyboardmelodie, bei der man sich fragt, warum keine Band in den 80ern auf diese eingängige Tastenfolge gekommen ist, wird man unwiderstehlich auf die imaginäre Tanzfläche gebeamt, vergisst Van Halens ‘Jump’ und hinterlässt mit ekstatischen Luftklavierspielereien ungläubig schauende Mitmenschen. Die Folge: BROTHER FIRETRIBE erreichen mit diesem Song Platz 10 der finnischen Singlecharts.

Kurz Luft holen heißt es dann bei der Ballade ‘Love Goes Down’, bevor mit ‘Devil’s Daughter’, ‘Midnite Queen’ und ‘One Single Breath’ ein legendäres Dreierpack bestaunt werden darf: Ausgerechnet bei der Tochter des Teufels gibt’s hier wieder absolut göttliche Tastensounds, eine alles überragende, von klirrenden Keyboards dominierte Bridge und der gigantische Refrain lässt einen mit offenen Mund in den Tanzmodus zurückkehren. Zusätzlich wird man noch mit einem Keyboard/Gitarrenduell im Soloteil überrascht. Besser geht’s nicht möchte man meinen, aber weit gefehlt: ‘Midnite Queen’ toppt das unglaubliche Niveau tatsächlich nochmal. Etwas weniger energetisch, entwickelt sich der Song zum absoluten Grower und zu einem der besten Rocksongs der Neuzeit – und für den Autor zum besten BROTHER FIRETRIBE Stück überhaupt.

Wie bereits angedeutet, ist das Pulver nun keinesfalls verschossen. Mit der 2. Singleauskopplung ‘One Single Breath’ kann das schier unfassbare Niveau mühelos gehalten werden und man reibt sich verwundert die Augen und Ohren, wie es die Finnen schaffen, sich solche Songs reihenweise aus dem Ärmel zu schütteln – dieses Stück sollte sich dann auch in den nächsten Jahren zum absoluten Live-Highlight entwickeln: Werden auf Konzerten von Rush die Gitarrenmelodien bei ‘XYZ’ mitgesungen (!) sind es bei diesem Song die Keyboardsounds, welche aus hunderten Kehlen der Band entgegengeschleudert werden.  Man ist beinahe schon erleichtert, dass der Gang mit den grandiosen ‘Lover Tonight’, ‘Spanish Eyes’ und ‘Kill City Kid’ ein- bis zwei Stufen zurückgeschaltet wird, bevor man mit der CHEAP TRICK Coverversion von ‘Mighty Wings’ nochmals zum großen Rundumschlag ausholt. Pekka Ansio Heino zeigt besonders beim Refrain wohl seine beste Gesangsleistung überhaupt und die BROTHER FIRETRIBE-Version des Top Gun-Hits selbst ist eine einzige Offenbarung. Die wirklich gelungene Coverversion von DIO’s ‘Hungry For Heaven’, zeigt, dass dieser Song auch im Melodicrock-Kostüm eine hervorragende Figur macht und beschließt ein Album, welches natürlich seinerzeit aus der Zeit gefallen scheint, aber nichtsdestotrotz für den Autor zu einem der besten Werke überhaupt zählt, was Platz 22 in den finnischen Charts zur Folge hatte.

Die Nachfolgealben Heart Full Of Fire und Diamond In The Firepit schlagen in die gleiche Kerbe und sind qualitativ fast auf Augenhöhe mit dem Debüt, was BROTHER FIRETRIBE in der Folgezeit den Ruf als eine der besten aktiven Melodicrockbands einbringt.