177. FROM THE FIRE – Thirty Days And Dirty Nights

Ein reinrassiges AOR-Album im Jahr 1992 zu veröffentlichen war vermutlich nicht die allerbeste Idee. Vielleicht hätten die US-Amerikaner um Sänger und Keyboarder J.D. Kelly, Gitarrist Tommy Lafferty (KING FLUX, VOODOO X, CROWN OF THORNS) und Schlagzeuger Michael Sciotto (BELLADONNA, STILL WICKED) bei ihrer Gründung 1990 bereits ahnen können, dass sich die Musiklandschaft innerhalb von kürzester Zeit komplett zu ihren Ungunsten verändern sollte. Insofern muss man FROM THE FIRE Mut und Herzblut konstatieren, sich zu Spandexhosen und Gute-Laune-Melodien zu bekennen und nicht der Holzfällerhemden-Depri-Stimmung zu verfallen.

Abgesehen von dieser Tatsache, haben wir es bei Thirty Days And Dirty Nights mit einem AOR/Hardrock-Juwel zu tun, das sich keinesfalls vor den großen Vorbildern der vorangegangenen Dekade verstecken muss. Ganz im Gegenteil: Unterstützt von den Keyboardern Nadine Arel und Paul Morris (TRANS SIBERIAN ORCHESTRA, DORO, RAINBOW) haben FROM THE FIRE mit Ihrem Debüt sogar eines der besten AOR-Alben veröffentlicht, welches nicht in den goldenen 80ern erschienen ist.

Könnte man aufgrund der Bandfotos noch vermuten, dass es sich hier um eine waschechte Hardrock-Band handelt, wird man bereits beim einschmeichelnden, sehr melodischen Opener ‚Hold On‘ eines Besseren belehrt – hier sind sämtliche Trademarks vereint, welche Bands wie SURVIVOR, FOREIGNER oder TOTO ein paar Jahre zuvor zu Millionensellern machten. Egal, wo man die Nadel auch aufsetzt (ja, die zuständige Plattenfirma Active Records hatte 1992 tatsächlich noch ein Herz für Vinylanhänger), man assoziiert niemals eine „dirty night“. Man fühlt sich vielmehr in einer lauen Sommernacht unter einem Feuerwerk aus sprudelnden Melodien und songschreiberischen Finessen.

Neben dem durchgehend starken Songwriting sind es vor allem die vielen Kleinigkeiten, welche Thirty Days and Dirty Nights zu etwas ganz Besonderem machen. So hievt beispielsweise Gastsängerin Theresa Straley (ex-HARLOW) das eh schon überragende ‚Spark And Flame‘ auf Klassikerniveau, oder man lässt die Ballade ‚Tears Cried In The Rain‘ durch das Saxophon-Solo noch heller strahlen. Apropos Ballade: Wäre ‚Take My Heart‘ ein paar Jahre früher erschienen, hätte man den Song wohl auf jeder ernstzunehmenden Balladen-Compilation wiederfinden können – vom MTV-Ruhm ganz zu schweigen. Mit ‚Over Your Head‘ ist dann auch DER ganz große Hit vertreten – besser kann man AOR nicht machen. Zu guter Letzt setzt Jean Beauvoir mit einer blitzsauberen Produktion dem Ganzen die Krone auf.

Wie oben schon angedeutet, war das Album kommerziell gesehen ein totaler Flop, so dass FROM THE FIRE nach der Veröffentlichung des Debüts vorübergehend schon wieder Geschichte waren. Seit 2014 ist die Band wieder aktiv und arbeitet nach den Veröffentlichungen der gutklassigen Evil Men Do (2014) und Octopus (2016) bereits an einem neuen Album, welches wohl noch 2021 via AOR Boulevard Records erscheinen soll.