181. LION – Trouble In Angel City

Mit der Band LION verbinde ich vor allem wunderschöne Erinnerungen an eine Lebensphase und an gute alte Freunde, die meinen Musikgeschmack maßgeblich mitgeprägt haben.

Zur Vorgeschichte: Ende der 80er-/Anfang der 90er war das Tape-Trading enorm wichtig in der Sowjetunion bzw. in den derer Nachfolgestaaten, da es faktisch die einzige Möglichkeit war, kostengünstig an gute Musik zu kommen. Schöner Nebeneffekt dabei: man lernte dadurch viele interessante Menschen kennen, nicht nur in der Ukraine (wo ich geboren wurde), sondern europaweit.

Eines Tages, anno 90, hat ein Freund der Familie mir von ein paar richtig tollen Bands erzählt, die ich unbedingt antesten sollte (von seiner letzten Reise nach Leningrad hat er wie immer ein paar Tapes mitgebracht). Auf mein 90-Min TDK-Tape hat er 2 Alben draufgespielt – Seite 1: das vgl. vor Kurzem veröffentlichte Trouble in Angel City von LION war sein erster Tipp, Seite 2: Diamond Mistress von MADISON sein zweiter.  Die beiden Alben zählen auch noch heute zu meinen Lieblingsalben. Diamond Mistress ist meiner bescheidenen Meinung nach auch heute eines der besten Melodic Metal-Alben (skandinavischer Prägung). Trouble in Angel City ist dagegen eher dem Melodischen Hard Rock, weniger dem Melodic Metal, zuzuordnen – so findet es im Vergleich zu Diamond Mistress richtigerweise Erwähnung in unserer AOR-Bibel.

Trouble In Angel City lebt von den großartigen Melodien mit hohem Wiedererkennungswert, die sich ins Gehirn einfräsen, den atemberaubenden Vocals (Kal Swan), sowie der tollen und zugleich songorientierter Gitarrenarbeit (Doug Aldrich). Das Songwriting ist vom Besten (Aldrich / Swan) und absolut klischeefrei. Die Rhythmusarbeit (Best / Edwards) ist ebenfalls absolut tadellos. Trouble In Angel City ist sehr kompakt (im positiven Sinne des Wortes), unglaublich stark in Sachen Ohrwurmdichte, und dennoch abwechslungsreich und vielseitig genug – die US- und UK-Fahne auf dem Cover ist nicht grundlos abgebildet. Als beispielhafte Anspieltipps seien genannt: ‘Come On’ (mit seinem herrlichen Mittelteil und den tollen Basslines), ‘Lock Up Your Daughters’ (die Coverversion vom Slade-Metalklassiker), ‘Love Is A Lie’ (Soundtrack vom Friday the 13th – The Final Chapter – der Film ist Trash, aber trotzdem Kult),  ‘Victim of Circumstances’, ‘Can’t Stop The Rain’, ‘Forgotten Sons’ (was für eine Hymne!).

Kurzum: Das Album ist für mich ein ganz großer Klassiker, der es mit den Alben wie Street Ready von LEATHERWOLF, Time Will Tell von FIFTH ANGEL oder 1987 von WHITESNAKE locker aufnehmen kann.

Dass Kal Swan auch Rough Justice von TYTAN (ein lupenreiner NWOBHM-Klassiker, Peer: The Unexpected Guest von DEMON) eingesungen hat, habe ich erst Jahre später erfahren – das Album ist absolut empfehlenswert!  Empfehlenswert sind ebenfalls alle 3 Alben von BAD MOON RISING (die Nachfolgeband von LION) sowie selbstverständlich auch das Debüt von LION, Fatal Attraction.

Tipp: Trouble in Angel City war seit Ewigkeiten als CD vergriffen. Es gibt nun endlich eine CD-Neuauflage (inkl. der Powerlove-EP als Bonus), die zu humanen Preisen erhältlich ist.