231. TREAT – Scratch And Bite

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93

Platz
231
Punkte
251
Tracklist
1. Changes
2. Scratch and Bite
3. Get You on the Run
4. Hidin'
5. Too Wild
6. We Are One
7. No Room for Strangers
8. You Got Me
9. Run With the Fire
Line-Up
Robert Emlund lead vocals
Anders Wikstrom lead guitars, backing vocals
Jamie Borger drums, backing vocals
Joe Larson bass, backing vocals
Patrick Appelgren keyboards, backing vocals
Unsere Wertung
93
TREAT waren in den 80er Jahren – neben ihren Landsleuten EUROPE – eines der Aushängeschilder des AOR skandinavischer (genaugenommen: schwedischer) Prägung. Wie nur wenige damals angesagte (AOR-) Bands bleiben sie – neben EUROPE – auch heute relevant. So wie Secret Society oder War Of Kings von EUROPE, zählen die aktuellen TREAT-Alben Coup De Grace, Ghost of Graceland und Tunguska zweifellos zu den AOR-/Melodic Rock-Highlights der Dekade.

Der im Februar 1985 erschienene Erstling Scratch And Bite beinhaltet bereits all die typischen TREAT-Trademarks: einerseits hochmelodisch und hookreich, und andererseits präzise, durchdacht (dennoch nicht auf dem Reißbrett konzipiert!), einfach effizient. Schwedische Ingenieurskunst vom Besten! Mit Ausnahme vom Vokalisten Robert Englund waren die übrigen Mitglieder anno 1985 Anfang 20. Da sind allemal die Reife im Songwriting – insbesondere vor dem Hintergrund des Alters der Beteiligten – neben der Lebensfreude, mit welcher die junge Band an die Sache herangeht, bemerkenswert.

Die musikalische Umsetzung ist songorientiert, frei vom unnötigen Ballast oder Schickschnack, und zudem äußerst effektiv (die Vocals sind einprägsam, die Rhythmussektion ist Up-Front, die Powerchords werden gerne eingesetzt, die Solis sind recht einfach und vergleichsweise kurz gehalten – man ist meist ionisch unterwegs – klassischer geht’s kaum). Das ist genau das, was ich an AOR so schätze: im Vordergrund steht das auf den Punkt gebrachte melodienbetonte Songwriting mit griffigen Vokals, die instrumentale Umsetzung soll grundsolide und dem Song gegebenenfalls nur die Würze geben, aber kein Selbstzweck sein. So hat das zu funktionieren, und nicht umgekehrt.

Als Anspieltipps seien auf Scratch and Bite genannt: das catchy ‚Get You On The Run‘ (hier noch in seiner Urversion) mit seinen treibenden Powerchords und der einprägsamen Intro-Kadenz. Weitere Anspieltipps: der Titelsong (der Song ist einfach eine AOR-Hymne), das hitverdächtige ‚Hidin’‘ mit seinen tollen Hooks und Orgeleinsätzen, sowie das ‚No Room For Strangers‘ (‚Billie’s Got A Gun‘  von DEF LEPPARD lässt hier herzlich grüßen). Einen Sonderfall stellt ‚We Are One‘ dar – mit den Lyrics „we are one, we are strong, we can win together“ mag man für manchen gerade so an der Grenze zum Kitsch vorbeischrammen. Der Kitsch ist in dem Fall aber verschmerzbar, da der Song einfach gut ist.

Nach dem absolut gelungenen Start mit Scratch and Bite folgten weitere Klassiker: The Pleasure Principle, Dreamhunter, Organized Crime mitsamt dem richtig knackigen, mit Mats Leven aufgenommenen (und leider stark unterschätzten) selbstbetitelten Album von 1992, bevor eine mehrjährige Pause eingelegt wurde.

Den Neustart wagte man im Jahr 2010 mit Coup De Grace, eingebettet in einer zeitgemäßen Produktion, ohne allerdings die typischen TREAT-Trademarks abzulegen. Auch wenn seit dem Neustart nur 40 % vom Scratch and Bite– bzw. 60 % vom klassischen 80er TREAT-Line Up dabei sind, schaffen die beiden Protagonisten Englund  und Anders “Gary” Wikström – ein etablierter und vielseitiger Songwriter für Pop- / Rock Acts (von SCORPIONS bis A*TEENS oder SANDRA) – qualitativ das Niveau zu halten. Wem die aktuellen EUROPE-Alben an sich gut, aber manchmal etwas verkopft erscheinen, der sollte in die bereits erwähnten Coup De Grace, Ghost of Graceland (bestes Beispiel: ‚Better The Devil You Know‘ als die zeitgemäße Variante von EUROPE’s ‚Girl From Lebanon‘) und Tunguska reinhören

Zurück zu Scratch And Bite: Empfehlenswert ist die remasterte Version (von 2008) des Albums – neben dem absolut gelungenen Remastering sind die beiden  Bonustracks ‚On The Outside‘ und ‚Danger Games‘ hörenswert – diese stehen dem regulären Albummaterial in nichts nach.