Crew Review: ART NATION – Inception

Label
Frontiers
Erscheinungsdatum
09.06.2023
Tracklist
1. Brutal & Beautiful
2. Last Of The Burned
3. 1001
4. Fight Fire With Fire
5. Echo
6. Break Up
7. Light The Fire
8. The Legend Reborn
9. Somewhere I Know I Belong
10. Superman
11. Powerless
Line-Up
Alexander Strandell - Vocals
Christoffer Borg - Guitar
Richard Svärd - Bass
Alexander Lundgren - Drums
Crew Review: 4 Autoren bewerten 1 Album - Have Fun!
Frank
88
Ulle
55
Olaf
60
Rainer
82
71

Nachdem sich die 2014 gegründeten und ehemals als neue AOR-Sensation gehandelten Schweden um Sänger Alexander Strandell (u.a. noch Crowne und Nitrate) auf ihrem letzten Werk Transition (2019) doch überraschend modern zeigten, durfte man durchaus auf die stilistische Ausrichtung des neuen Silberlings Inception gespannt sein.

Mit neuem Label im Rücken und frischen Wind in den Backen, dürften sich Puristen jedoch bereits nach den ersten Klängen beruhigt zurücklehnen. Man orientiert sich wieder deutlich stärker an Revolution (2015) und Liberation (2017), die Zeiten, in denen man nicht genau wusste ob man nicht doch versehentlich ein neueres DYNAZTY-Album aus dem Regal gezogen hat, scheinen endgültig der Vergangenheit anzugehören. Gut so.

Stattdessen bekommen wir herausragenden AOR/Melodic Rock mit so manchen, überraschend harten Gitarrenparts mit deutlichem Hardrockeinschlag und ausladend komponierten Songstrukturen geboten. Der Opener ‚Brutal and Beautiful‘ startet folgerichtig dann auch mit einem überraschend eindringlichen Riff, welches in der Form auch von einer der besseren Eurometal Kapellen stammen könnte, ehe man im Refrain dann wieder zu den gewohnten einprägsamen Melodien mit Ohrwurmgarantie zurückkehrt.

‚1001‘ ist aus ähnlichem Holz geschnitzt, kommt aber etwas harmonischer daher und wird von einem äußerst virtuosen Solo von Gitarrist und Bandrückkehrer Christoffer Borg gekrönt. Bereits die ersten Songs weisen ein unheimliches Energielevel auf, welches einen nachhaltigen Eindruck beim Zuhörer hinterlässt und sich über die gesamte Spielzeit des Albums erstreckt.

‚Echo‘ sowie der hardrockige Stampfer ‚Light the Fire‘ gehen als reinrassige Hits durch, auch hier zählen die jeweiligen Instrumentalparts von Borg, neben der wieder mal grandiosen Gesangsleistung von Strandell, zu den Höhepunkten. Ein Glück hat der Mann den Weg zurück zu ART NATION gefunden.

Mit ‚The Legend Reborn‘ wagt man sich dann nochmal kurz und knackig in modernere Gefilde, ohne die eigenen Wurzeln zu verleugnen. Eine Gradwanderung, die noch auf Transition mächtig in die Hose gegangen ist, hier aber voll zu überzeugen weiß.

Auf ‚Somwhere I Know I Belong‘ orientiert man sich angenehm am schon auf Revelation so perfekt intonierten, reinen AOR, nur um im abschließenden ‚Powerless‘ nochmal einen draufzusetzen. Unter vielen saustarken Beiträgen für mich DAS Highlight des Albums. Was für ein Song, was für ein Solo, was für eine Stimme!!! So und nicht anders muss melodischer Rock heutzutage klingen.

Einziger Kritikpunkt: Die äußerst kurze Spielzeit von gerade mal knapp 39 Minuten. Die wissen aber ausnahmslos zu überzeugen, was die Hauptsache sein sollte. Jetzt wollen wir mal schwerstens hoffen, dass sich Art Nation auch mal livehaftig in unseren Gefilden blicken lassen.

(Frank – 88%)

 

 

Das letzte ART NATION-Album namens Transition erschien bereits vor vier Jahren, und ich erinnere mich gerade nicht mehr, warum es bei mir nicht gezündet hat. Nachdem sich unsere Bible-Chefs Rainer und Frank aber mit Lobeshymnen zu den vorab veröffentlichten Songs des neuen, Inception getauften Albums gegenseitig überboten und ein Crew Review angeordnet haben, war ich doch ein wenig neugierig geworden. Schließlich will ich ja kein Juwel verpassen, auch wenn ich der inzestiösen schwedischen Rockszene durchaus kritisch gegenüberstehe, wie der geneigte Leser meiner Reviews vielleicht bemerkt haben wird. Zu oft schon klangen Alben für meine Ohren zu ähnlich, und zu wenig Abwechslung wurde innerhalb der einzelnen Veröffentlichungen geboten – ein Kriterium, das mir persönlich sehr wichtig ist und ohne das kaum ein Album von mir den güldenen Klassiker-Stempel erhalten würde.

Spätestens nach dem dritten Song ist meine Neugier jedoch Ernüchterung gewichen, denn Inception ist wieder so ein Album geworden, das weder Fisch noch Fleisch ist. Das ART NATION-Songwritingschema wird fast das gesamte Album hindurch angewendet: einem verhaltenen Beginn mit einem meistens vom Keyboard stammenden Intro folgt bei der Strophe oder spätestens beim Refrain eine plötzlich auftretende Hektik in Form einer massiven Soundwand, die jegliche Wirkung der durchaus vorhandenen schönen Melodien im Keim erstickt.

Alle Songs galoppieren nervös durch drei bis vier Minuten Spielzeit, und auch die auf modern getrimmte Produktion und der für meinen Geschmack viel zu oft im eigenen Grenzbereich agierende Sänger Alexander Strandell tragen nicht gerade dazu bei, meinen bereits deutlich getrübten Hörgenuss aufzuhellen. Dabei hat er doch auf dem sehr guten NITRATE-Album Renegade gezeigt, dass ihm ein entspannteres Zwitschern hervorragend zu Gesicht steht.

Könner an ihren Instrumenten sind ART NATION natürlich, und als Pluspunkt werte ich auch, dass Bassist Richard Svärd mehrmals Gelegenheit erhält, in vereinzelten Breaks Akzente zu setzen und sein Instrument in den Vordergrund zu bringen – wenigstens mal ein bisschen Abwechslung. Auch wird mein stark beanspruchtes Durchhaltevermögen am Ende immerhin noch mit den guten Songs `Superman´ und `Powerless´ belohnt, in denen sich die Band – endlich – etwas zurücknimmt und den schönen Melodien den nötigen Raum zur Entfaltung lässt.

Ewas aufhorchen lässt auch der Song `Break Up´, der einen lustigen JUSTIN BIBER-Gedächtnisrefrain hat. Der gesamte Rest des Albums ist melodischer Einheitssound mit gesteigertem Härtegrad – wer den mag und weniger Wert auf Abwechslungsreichtum legt, sollte mal ein Ohr riskieren. Ich erinnere mich jetzt wieder, warum ich vom Vorgänger-Album die Finger gelassen habe, und leider ist auch das neue Album von ART NATION nicht mein Fall.

(Ulle – 55%)

 

 

Ich vermute mal, dass nach meinen Gedanken zum neuen Art Nation-Output Inception Monsterwellen der Empörung aus dem Kollegium über mir zusammenbrechen werden. Aber ich muss leider gestehen, auch nach mehrmaligem Hören bleibt mir von der neuen Scheibe außer der markanten Stimme von Alex Strandell sowie dem Song ‚Superman‘ nicht viel in den Gehörgängen hängen.

Dem 2015 Debut Revolution konnte ich noch einiges abgewinnen. Schöne Melodien und Chöre (‚Don‘t Wait For Salvation‘ oder ‚3000 Beats‘), eine ansprechende aber nie aufdringliche Härte sowie eine nicht zu überhörende Nähe zu den frühen H.E.A.T. ließen einiges erhoffen.

Aber mit den folgenden Veröffentlichungen verflog meine Begeisterung sukzessive und Inception setzt hier leider den unrühmlichen Höhepunkt. So werde ich kein Fan der Schweden-Happen. Die einzelnen Songs zeigen wenig Abwechslung im Songaufbau und sind zudem viel zu sehr dem aktuell angesagten skandinavischen Melodic-Metal-Gewand verhaftet, austauschbar und –sorry – auch beliebig. Handwerklich sicherlich nicht schlecht gemacht, aber letztendlich nicht für den alten Mann, der diese Zeilen schreibt, geeignet.

Bei dem Titel ‚Echo‘ schleichen sich meiner Meinung nach sogar ein paar ESC-Trademarks ein, aber das ist nur ein persönliches Gefühl und sicherlich nicht nur negativ zu sehen.

Es scheint mir da momentan bei der Masse der Veröffentlichungen aus dem nordischen Midgard ein Problem mit der Vielfältigkeit und einem gewissen Abwechslungsreichtum zu geben. Irgendwann läuft sich jeder Trend auch einmal tot.

Unter dem Strich bleiben für mich in der Wertung 60 %, aber auch nur, weil mir die Stimme von Alex gefällt (und ich dem letzten Nitrate-Output noch nachhänge).

So das war’s, ich bin bereit für den Shitstorm.

(Olaf – 60%)

 

 

Einzeln verkostet sind ein Château Mouton Rothschild, ein Montrachet-Cuvée und ein Spitzenklasse Rosé-Wein ein Hochgenuss. Mischt man diese jedoch zusammen, dann schlagen nicht nur Weinkenner die Hände über dem Kopf zusammen – auch das geschmackliche Ergebnis wird eher enttäuschend ausfallen.

Hat man hingegen eine sonnengereifte Ananas, handgepflückte reife Bananen und ein Wasser von frischen Kokosnüssen und macht daraus einen Smoothie, dann toppt diese Mischung womöglich den Geschmack der Einzelzutaten.

Beim neuen Album von ART NATION haben wir folgende Zutaten: aktuelle H.E.A.T, CREYE und als Topping etwas neuere DEGREED. Die entscheidende Frage ist nun: Schmeckt das Ganze wie Franks leckerer Smoothie oder doch eher wie Ulles und Olafs Weinmischmasch? Die Vorabsongs ‚Brutal & Beautiful‘ und ‚Echo‘ fand ich bärenstark, ich bin aber im Gegensatz zu unseren Redakteuren aus dem hohen Norden auch ein großer Fan des immer noch aktuellen H.E.A.T-Albums Force Majeure. Und diese beiden Songs versprühen einen ähnlichen Charme – jedoch mit einer gänzlich anderen Stimme. Kann der Rest nun dieses Niveau halten? Leider nicht ganz.

Wie Olaf schon bemerkt, schwebt (und das nicht unbedingt bei ‚Echo‘) ein latenter ESC-Vibe über einigen Songs. Das sehr gute ‚The Last Of The Burned‘ hätte – softer produziert – sehr gute Chancen die europäische Krone zum 243. Mal nach Schweden zu holen. Auch das bereits öfter angesprochene (für mich) schwächere ‚Superman‘ wäre dort kein Fremdkörper. Neben den lodernden ‚Fight Fire With Fire‘ und ‘Light The Fire’ haben ART NATION mit ‘Break Up’ leider auch einen echten Ausfall auf Inception platziert.

Um die Eingangsfrage zu beantworten. Mich zieht‘s eher zu Franks Smoothie, auch wenn mir der Schlingel anstatt frischer Zutaten das Obst vom Aldi untergejubelt hat.

(Rainer – 82%)