Crew Review: GRAND DESIGN – Rawk

Label
Frontiers
Erscheinungsdatum
09.06.2023
Tracklist
01. Tuff It Out
02. God Bless Rawk´n Roll
03. Love Or A Fantasy
04. Your Luv Is Drivin´ Me Crazy
05. Desperate Hearts
06. Dangerous Attraction
07. We Were Born To Rawk´n Roll
08. Carry On My Wind
09. Give It All Up For Luv
10. Get Out
11. In The H.E.A.T. Of The Nite
Line-Up
Lead/Backing Vocals: Pelle Saether
Rhythm Guitars, Backing Vocals: Dennis Vestman
Solo/Rhythm Guitars, Backing Vocals: Dan Svanbom
Bass Guitar: Stefan Westerlund
Drums: Joakim Jonsson
Crew Review: 5 Autoren bewerten 1 Album - Have Fun!
Rainer
87
Armin
80
Ulle
85
Tom
75
Olaf
85
82

Seien wir mal ehrlich. So überragend die Werke von DEF LEPPARD in den 80ern waren, das letzte wirklich gute Album (Euphoria) liegt mittlerweile 24 Jahre zurück. Das gleiche dachte sich wohl auch Palle Saether, als er 2006 seine Band GRAND DESIGN aus dem Boden stampfte, um jenen Sound der Briten zu huldigen, für den sie bekannt und erfolgreich wurden.

So war dann auch teilweise der Aufschrei richtig groß, als mit Time Elevation das erste Album der Schweden erschien. Dieses tönte tatsächlich wie ein Klon aus Pyromania (weniger), Hysteria (viel) und Adrenalize (etwas). Egal, ob man das als unverschämt bezeichnet – in erster Linie waren die Songs auf dem Debüt unverschämt gut. Das haben auch einige Radiostationen und (Online-) Magazine so gesehen, wo das Album reihenweise in den Jahrespoll-Listen 2009 auftauchte.

Mit Rawk erscheint jetzt mittlerweile das sechste Album. Doch was ist zwischenzeitlich passiert? Idolizer, das Nachfolgewerk zu Time Elevation erschien 2011 und hier verlagerte sich der Fokus von Hysteria eindeutig in Richtung Pyromania. Mit Thrill Of The Night (2014) lösten sich GRAND DESIGN dann erstmals etwas von den DEF LEPPARD-Einflüssen. Die mächtigen Backgroundchöre – immer ein Markenzeichen der NWOBHM-Legende – sind hier nach wir vor dominant. Das Songwriting wurde aber etwas variabler gestaltet, was Thrill Of The Night um einiges abwechslungsreicher macht. Diese Richtung wurde dann bis zum fünften Album V konsequent durchgezogen.

Das aktuelle Album Rawk reiht sich nun nahtlos ein. Hier ein bisschen Melodicrock, da etwas AOR und das Ganze eingebettet in dem Bombast, den DEF LEPPARD ab Mitte der 80erJahre auszeichnete – fertig ist das beste GRAND DESIGN Album seit Idolizer. Der Unterschied zu den Vorgängeralben ist, dass die Band ein noch geschickteres Händchen beim Austüfteln der Melodien hatte. Mag der Opener ‚Tuff It Out‘ noch nicht so 100% im Ohr kleben bleiben, so ändert sich das mit fast allen nachfolgenden Songs.

Mit Ausnahme von ‚Carry On My Wind’, das mir irgendwie überhaupt nicht reinläuft, gibt es Hits am laufenden Band. Die Videoauskopplung ‚God Bless Rawk’n’Roll‘ verbindet geschickt DEF LEPPARD mit KISS zu Crazy Nights-Zeiten. Mit ‚Get Out‘ und vor allem ‚Desperate Hearts‘ haben die Schweden sogar mitten in die 10 getroffen. Gerade diese 2 Nummern zeigen auf, wie geschickt die Skandinavier mittlerweile Ihre Songs schreiben und diese trotz der DEF LEPPARD-Trademarks nie als Imitat, sondern eindeutig als GRAND DESIGN-Songs zu erkennen sind.

Ich weiß, es gibt es Leute, die mit der Stimme von Peter Saether – die irgendwo zwischen C. J. Snare und Ozzy Osbourne liegt – so gar nichts anfangen können. Auch könnte ich mir vorstellen, dass einige das extrem eingängige Songmaterial auf Rawk monieren werden. Nichtsdestotrotz haben wir es – ähnlich wie mit dem kürzlich erschienen THE DEFIANTS-Album – mit einem Gute-Laune-Sommer-Album zu tun, das einfach extrem viel Spaß macht.

(Rainer – 87%)


 

 

Die Band als reinen Klon von DEF LEPPARD abzutun, wird dem Schaffen von GRAND DESIGN längst nicht mehr gerecht. Natürlich klang beim Debüt das große Vorbild an allen Ecken und Enden durch, aber inzwischen hat man sich davon doch deutlich gelöst. Was aber geblieben ist, sind die bombastischen Refrains mit Hysteria-Gedächtnis-Chören. Meine Herren, ziehen Grand Design da vom Leder! So was haben DEF LEPPARD seit Jahrzehnten nicht mehr hinbekommen. Aktuell könnte man den Stil als Hybriden aus typisch schwedischem AOR/Melodic-Rock mit DEF LEPPARD-Anleihen und einer Prise CRAZY LIXX bezeichnen. Damit hat man sich eine ganz eigene Nische geschaffen.

Das neue Album startet mit Klängen, die mich an QUEEN in ihrer Pop-Phase Anfang der 80er erinnern, bevor es in einen Standard-Rocker umschlägt, der in meinen Ohren irgendwie ein bisschen „unrund“ klingt. Ich kann es nicht genau definieren, was mich an dem Lied stört. Okay, die Stimme des Sängers fand ich vom ersten Tag an nicht gerade berauschend, aber damit habe ich inzwischen meinen Frieden gemacht.

Der Fast-Titelsong ‚God Bless Rawk ‚n‘ Roll‘ erinnert mich tatsächlich ein bisschen an die letzten Werke von CRAZY LIXX und gefällt mir schon deutlich besser. Die nächsten beiden Lieder hauen in die gleiche Kerbe und tönen äußerst gefällig aus den Boxen, bevor dann mit ‚Desperate Hearts‘ ein absoluter Knaller am Start ist. Was für ein mächtiger Chorus! Viel Laut-Leise-Dynamik und Gänsehaut-Momente im Refrain. Eines der besten Lieder dieses Jahr bisher!

‚Dangerous Atrraction‘ passt dann zu den guten Songs, während ich mit dem eher stumpfen Rocker ‚We Were Born To Rawk n Roll‘ deutlich weniger anfangen kann. ‚Carry On My Wind‘ lässt mich etwas ratlos zurück, das geht schon eher in Melodic-Metal-Richtung und hat einen 0815-Kitsch-Refrain, wie er oft bei der Stilrichtung nervt. Ich kann nur hoffen, dass man das nicht weiterverfolgt.

Bei ‚Give It All Up For Luv‘ wird es dann etwas ruhiger, was der Band auch gut zu Gesicht steht. Das dynamische ‚Get Out‘ geht gut nach vorne los, ohne bei mir voll überzeugen zu können, während sich auch ‚In The H.E.A.T. Of The Night‘ in die Reihe der Treffer einsortiert. Die Melodie erinnert mich irgendwie an DOKKEN, was aber auch kein schlechtes Vorbild ist.

Definitiv eine gefällige Sommerplatte mit einem absoluten Über-Hit. Dass hier das Rad nicht neu erfunden wird, war ja zu erwarten, wenn man die Karriere der Band verfolgt. Wenn man sich aber auf eine Scheibe voller toller Melodien zum Grillen oder auf der Liegewiese am See freut, ist man hier genau richtig.

(Armin – 80%)


 

 

Das AOR-Bible-Kompetenzteam hat sich ja bereits über die stilistische Grundausrichtung der Schweden GRAND DESIGN ausgelassen und die frühere Nähe zu DEF LEPPARD und der zwischenzeitlichen Hinwendung zu etwas mehr Rotz festgestellt, wie ihn z.B. ihre Landsleute von CRAZY LIXX in ihren Sound einbauen. Auch die auf dem neuen Album Rawk wieder vorhandenen Trademarks wie fette Chöre und eingängige Hooks stelle ich ebenso fest wie die werten Kollegen, so dass einer ähnlichen Bewertung eigentlich nicht im Weg stehen sollte. Oder?

Das Album beginnt mit einem ordentlichen Brett namens `Tuff It Out´, das anfangs an den JUDAS PRIEST-Stampfer `United´erinnert, dann zu DEF LEPPARD´s `Rock Of Ages´ übergeht, um im Refrain dann wie WIG WAM in ihren besten Zeiten zu klingen. Auch die mehrfachen Tonartwechsel beim Solo lassen mich mit der Zunge schnalzen – cooler Auftakt!

`God Bless Rawk ‘n’ Roll´ fällt dagegen leicht ab, weil mir das etwas einfallslose Drumming den Fluss aus dem eigentlich treibenden Song nimmt und Sänger Pelle Saether etwas zu häufig in höheren Gefilden knödelt, wo er leicht nach MÖTLEY CRÜE-Frontman Vince Neil klingt. Ich finde, dass ihm tiefere Lagen deutlich besser stehen.

Das nachfolgende Song-Quartett, bestehend aus `Love Or A Fantasy´, `Your Luv Is Drivin´ Me Crazy´, `Desperate Heart´ und `Dangerous Attraction´, ist lupenreiner, gitarrenorientierter AOR mit schönen Melodien. Von diesen Songs hat `Desperate Hearts´ durch seinen unwiderstehlichen Refrain leicht die Nase vorn, auch wenn er noch nicht mein persönliches Albumhighlight ist.

Dieses folgt auf den 08/15-Heavy Rock-Kracher `We Were Born To Rawk ‘n’ Roll´, dem ich trotz fetter Chöre nicht besonders viel abgewinnen kann, denn hier treibt der Frontman das hohe und nasale Sleaze-Timbre derart auf die Spitze, dass sich mir gleich elf Fußnägel kräuseln.

Vom Low- aber nun zum angekündigten Highlight: `Carry On My Wind´ unterscheidet sich nicht nur durch die Länge von fast sechs Minuten doch deutlich vom Rest des Albums, weshalb ich die Ratlosigkeit der Kollegen bei diesem Song durchaus nachvollziehen kann. GRAND DESIGN verlassen hier nämlich ihre Komfortzone und verarbeiten auf einmal irisch-keltische Einflüsse, wie man sie z.B. von GARY MOORE aus seiner post THIN LIZZY-Phase kennt. Wer aber z.B. `Over The Hills And Far Away´ liebt, wird auch Zugang zu diesem Song haben, zumal auch das für mich beste Gitarrensolo des Albums enthält. Experiment gelungen, Wagnis geglückt, Risikobereitschaft belohnt: einfach großartig!

Der Halbballade `Give It All Up For Luv´ würde ich fast die gleiche Punktzahl zuschreiben und ist somit mein zweites Album-Highlight: einen solchen Refrain mit wunderschöner Wohlfühl-Melodie und watteweichen Chören habe ich lange nicht mehr gehört.

`Get Out´ dreht kurz vor dem Album-Ende nochmal etwas unspektakulär auf, bevor mit `In The H.E.A.T. Of The Nite´ (hinter dieser Schreibweise in Großbuchstaben darf ein Gruß an ihre gleichnamigen Landsleute vermutet werden) der Schluss des Albums eingeläutet wird. Wieder wird hier für Abwechslung gesorgt und ungewohntes Terrain betreten, denn tatsächlich klingt der Song erstaunlich stark nach DOKKEN zu Under Lock And Key-Zeiten, wie Kollege Armin bereits treffend festgestellt hat.

Summasumarum somit ein abwechslungsreiches und toll produziertes Album, das mir trotz der hin und wieder störenden Klangfarbe der Stimme stolze 85% wert ist. Ich hatte GRAND DESIGN nach dem Debütalbum eine Weile aus den Ohren verloren, aber Rawk hat mich eines Besseren belehrt und mir gezeigt, dass ich mir auch die dazwischen veröffentlichten Album zu Gemüte führen sollte. Daumen hoch!

(Ulle – 85%)


 

 

Normalerweise wäre ich an diesem Album komplett vorbei gegangen. Der Hinweis „klingt wie DEF LEPPARD“ reicht dazu aus, denn DEF LEPPARD sind für mich die Alben High´n´Dry, Pyromania – und mit vielen Abstrichen noch Hysteria. Wobei davon höchstens noch ‚Gods Of War‘ den Weg in die Anlage findet.

Die Vorgänger Alben der Band kenne ich nicht. Und, hätte ich jetzt was verpasst, wenn ich Rawk nicht angehört hätte? Klare Antwort: Ja, hätte ich! Wobei ich nach den ersten beiden Songs geneigt war, die Stopp Taste zu drücken. Doch dann schmeichelt sich ‚Love Or A Fantasy‘ sanft in die Gehörgänge und nistet sich dort fest ein. ‚Desperate Heart‘ hat sich auch dort platziert und ist für mich ein weiteres Highlight auf dem Album.

Den absoluten Knaller hat die Formation allerdings mit ‚Carry On My Mind‘ am Start. Losgelöst vom klassischen AOR-Schema glänzt dieser Song mit irisch-keltischen Einflüssen, was Fans von THIN LIZZY, GARY MOORE oder auch DARE unbedingt mal anchecken sollten! ‚Give It All Up For Love‘ ist eine überzeugende Ballade und ‚In The H.E.A.T Of The Nite‘ der perfekte Rausschmeißer aus einem Album, das mich sehr angenehm überrascht hat.

Schöne Sommerplatte, die mir 75 Points wert ist.

(Tom – 75%)


 

 

Seit ihrem Debut-Album Time Elevation aus dem Jahre 2009 beglückt uns die 2006 gegründete schwedische Combo GRAND DESIGN in schöner Regelmäßigkeit mit ihren musikalischen Melodic-Rock-Ergüssen. Das Debüt zählte verdientermaßen zu meinen persönlichen Top 10 Veröffentlichungen des Jahres 2009.

Zugegebenermaßen waren die ersten 2 bis 3 Alben eine mehr als deutliche Reminiszenz an den DEF LEPPARD-Sound der seligen 80er Jahre, aber mit der Zeit haben sie doch eine gewisse Eigenständigkeit entwickelt, die hier und da zwar immer noch die Trademarks der „alten“ Leoparden verinnerlicht, aber auch die Aussage rechtfertigt: Wo GRAND DESIGN draufsteht, ist auch 100% GRAND DESIGN drinnen. Der von den Kollegen aufgebrachte Vergleich mit den schwedischen Landsmännern CRAZY LIXX ist hierbei nicht von der Hand zu weisen.

GRAND DESIGN haben über die Jahre einen „Breitwand“-Sound entwickelt und etabliert, der mich an die alten CinemaScope-Filme der 50/60er mit ihrem HiFi-Mehrkanalton erinnert: Bunt, monomental, bombastisch im Klang und manchmal auch ein wenig zu viel des Guten. Für die jüngeren Kinogänger unter uns: 3D und Dolby Atmos in Perfektion.

Auch ihr sechstes Album Rawk (dies ist ein slangartiger Ausdruck für „Rock“ – übrigens eine Eigenheit der Band, die sich auf all ihren Alben wiederfindet – „Love/Luv“ „Shake It Up/Sheik Iddup“ oder „You/U“) hat sich ganz diesem Sound verschrieben. Nach den letzten beiden etwas schwächeren Longplayern hat man wieder in die Spur gefunden und auch das Songwriting abwechslungsreicher gestaltet.

Ich möchte an dieser Stelle nicht ausführlich auf die einzelnen Songs eingehen, das haben die werten Kollegen ja schon zu Genüge getan. Zwei Stücke sollen aber nicht unerwähnt bleiben, da sie für mich die Highlights des Albums darstellen. Da ist einmal der absolute Ohrwurm ‚Love Or A Fantasy‘, einem perfekt schmeichelnden AOR-Song mit ausgefeilten Chören und songdienlichen Gitarrenparts und natürlich mein absoluter Lieblingssong ‚In the H.E.A.T. Of The Nite‘. Ein stampfender Rocker, der mich stark an den 2021-Output ‚Face Of A Stranger‘ von U.D.O. DIRKSCHNEIDER & THE OLD GANG erinnert. Dieses Stück glänzt zudem durch ein tolles Gitarren-Soli.

Noch ein paar abschließende Worte zum Gründer und Sänger der Band, Pelle Saether, und seiner, ich sag‘ mal außergewöhnlichen Vocallage. Man braucht schon so seine Zeit, um sich an diese Falsett-ähnliche Stimme zu gewöhnen. Das ging mir mit Rob Moratti, dem ehemaligen Zeitvertragssänger der Kanadier SAGA und jetzigem Solokünstler aber ähnlich. Mittlerweile bin ich der Meinung, das passt, zwar in einer engen Range, aber es passt durchaus zum AOR/Melodic Rock.

Als Fazit bleibt ein Album mit nahezu perfekter Produktion, das gute Laune verbreitet und ideal ist für einen Roadtrip auf einem nordamerikanischen Highway oder die weiten Sandstrände einer weltweit bekannten ostfriesischen Nordseeinsel mit fünf Buchstaben. Dafür gibt es von mir 85/100 Punkte.

Nach dem kontroversen Crew-Review des letzten ART NATION-Outputs ein Beweis, dass die schwedische Musikszene auch gute Laune kann.

Kleiner Tipp am Rande: Hört mal in die letzte Veröffentlichung Epical von Rob Moratti rein.

Ebenso perfektes Futter für einen Sommertag.

(Olaf – 85%)