Wir schreiben das Jahr 2018. Ein gewisser Nick Hogg aus Nottingham, der bereits Anfang der 2000er bei einigen Bands versucht hat in der Rockszene Fuß zu fassen, schließt sich mit Rob Wylde (MIDNITE CITY, TIGERTAILZ) zusammen um die Band NITRATE aus der Taufe zu heben. Wer anfangs noch an der Langlebigkeit von Hoggs Projekt zweifelte, wurde schnell eines Besseren belehrt. Mit Renegade steht 2021 nämlich bereits das 3. Album in den Regalen und dieses hat es gehörig in sich.
Waren die erstklassigen Vorgänger noch sehr stark vom Songwriting Wyldes beeinflusst, der den AOR-Nummern eine interessante Glamnote verpasste, haben sich NITRATE auf Renegade freigeschwommen und ein reinrassiges melodisches Rockalbum eingespielt, das man auch ganz klar in den 80ern verorten könnte. Wobei das eigentlich nicht ganz korrekt ist, weil die offensichtlichen Vorbilder von Renegade jetzt nicht unbedingt AOR-Ikonen wie SURVIVOR oder JOURNEY sind. Vielmehr blitzen immer wieder „Nachzügler“ wie DANGER DANGER oder DEF LEPPARD Anfang der 90er durch – nur etwas moderner produziert. Damit kann man die Scheibe stilistisch durchaus auch mit den beiden THE DEFIANTS-Alben vergleichen.
Man sollte sich auch nicht mit der arg poppigen Single-Auskopplung ‚Big City Lights‘ aufs musikalische Glatteis führen lassen, weil das Album weitaus besseres zu bieten hat. Die Adranalize-Verweise findet man insbesondere bei ‚You Think You’ve Got It‘ und ‚Addicted‘, wogegen das Eröffnungsduo wehmütig an Zeiten erinnert, als Ted Poley DANGER DANGER noch zu Höchstleitungen gepusht hat. Mit ‚Children Of The Lost Brigade‘ ist Hogg dann auch mal wieder ein richtiger AOR-Klassiker geglückt. Bemerkenswert ist auch, dass das Niveau über die komplette Laufzeit gehalten werden kann und mit ‚Edge Of Surrender‘ und ‚Take Me Back‘ sich zwei Perlen sogar ganz am Ende des Albums versteckt haben.
Die Vocals auf Renegade übernahm dieses Mal übrigens Alexander Strandell. Der Frontmann von ART NATION hat schon auf dem gerade erst erschienenen CROWNE-Album eine erstklassige Leistung abgeliefert und seine hohe und manchmal sogar fast zerbrechliche Stimme passt zu den neuen Songs perfekt – ohne die gesangliche Leistung von Joss Mennen zu schmälern, der auf den Vorgängeralben ebenfalls einen brillanten Job hingelegt hatte.
Wollen wir hoffen, dass NITRATE mit diesem Werk einen gehörigen Popularitätsschub bekommen – verdient hätten sie es.