Es würde mir wohl ohnehin niemand glauben, wenn ich behaupten würde, dass das Cover bei meinem Kauf der LP vor fast 35 Jahren keine Rolle gespielt hätte. Daher versuche ich diesen Umstand auch gar nicht erst zu leugnen. Zum Glück war nicht nur das Cover den Kauf wert, sondern auch die darauf enthaltene Musik, die mich bis heute regelmäßig begleitet. Schon der Opener und Titelsong ist ein absolutes Highlight der britischen Tonkunst. Mitreißende Strophen werden von einem noch mitreißenderen Refrain gekrönt. Der Song vermittelt ein durchweg „episches“ Gefühl, welches eigentlich mehr an Heavy Metal gemahnt, als an AOR – und dennoch hervorragend zu dem Lied passt.
Was nicht verschwiegen werden darf, ist der leider nur suboptimale Sound des Albums – möglicherweise auch ein Grund dafür, dass der Gruppe der verdiente Erfolg nicht beschieden war. Am Songmaterial kann es jedenfalls nicht gelegen haben, denn da spielt es keine Rolle, ob man die Nadel oder den Laser bei ‚Lifleline‘, ‚She Walks In Beauty‘, ‚Fall From Grace‘ oder dem hitverdächtigen ‘Lay Down Your Love‘ aufsetzt. Begeisterung ob dem Gehörten stellt sich bei melodieaffinen Hörern unverzüglich ein. Die Musik selbst ist nicht einfach zu beschreiben, wandeln KOOGA doch auf der Trennlinie zwischen melodischem (Spät-) NWobHM à la PRAYING MANTIS, SARACEN, FORCE und Konsorten, sowie melodischem Hard Rock/AOR britischer Prägung wie GLASGOW und SHY. Dass ihre Einflüsse vor allem von den 70er-Helden der britischen Inseln stammen, lässt sich ebenfalls nur schwer überhören. Und wie schon bei DEEP PURPLE oder URIAH HEEP sind Keyboards und Gitarre im Mix gleichberechtigt zu vernehmen.
Ich würde einen höheren Betrag wetten, dass alle Lieder dieses Albums in „Jam Sessions“ entstanden sind. Die häufig verwendeten, die Dynamik stark betonenden Arrangements ergeben sich erfahrungsgemäß erst im Zusammenspiel einer Band im Proberaum. So auch das instrumentale ‚Lockjaw‘, das nicht wirkt wie ein „Quoten Instrumental“, sondern sich organisch in den Fluss der Platte einfügt. Das ganz große Highlight ist für mich die Halb-Powerballade ‚Gabrielle‘. Das ist ein Refrain für die Ewigkeit und hat einen Platz im Olymp der ganz großen Melodien verdient. Einfach großartig und wieder mit einem erhabenen „Epik-Feeling“ gewürzt.
Trotzdem war nach einer weiteren Single der Weg von KOOGA schon beendet. Sänger und Gitarrist Neville Macdonald sang in den 90ern bei den Hardrockern SKIN und veröffentliche mit diesen etliche Alben, die sich schon allein wegen seiner wunderbaren prägnanten Stimme lohnen. Sogar noch besser gefällt mir seine aktuelle Band HAND OF DIMES. Diese hat bis heute eine EP und ein Album veröffentlicht. Freunde des erdigen und melodiösen Hardrock sollten die Veröffentlichungen unbedingt mal antesten.
Für KOOGAs Across The Water vergebe ich völlig verdiente 87 Punkte.