135. 21 GUNS – Salute

Die „Cowboy“- bzw. „Romeo and Lonely Girl“-Romantik war irgendwie nie meins. Wahrscheinlich ist dies der Grund, warum ich nie ein richtiger THIN LIZZY-Fan war (bis auf die großartigen Chinatown, Renegade und Thunder and Lightning). Trotzdem: die Betätigungsfelder der (ehemaligen) THIN LIZZY-Musiker finde ich meist richtig interessant, ja, sogar um ein Vielfaches spannender als einen Großsteil der Alben der Hauptband. Als Beispiele dazu seien die Solo- und WHITE FLAMES-Werke von Snowy White genannt, genauso das für MOTÖRHEAD-Verhältnisse progressive Another Perfect Day (für diejenigen, bei denen es flotter sein darf), sowie DARE um Darren Wharton oder eben das Projekt 21 GUNS um Scott Gorham (heute: BLACK STAR RIDERS).

Das Debüt Salute von 21 GUNS  ist absolut zu Recht in der AOR-Bibel vertreten – wie übrigens auch die Alben von DARE. Warum? Weil es ein richtig tolles Melodicrock-Album ist und einfach eine der feinsten Hard Rock-Veröffentlichungen der 90er darstellt.

Doch nicht nur das Songwriting ist herausragend, sondern auch die Leistung der beteiligten Musiker. Ob es die Gitarrenparts von Scott Gorham oder der ebenso beeindruckende und melodische Bass von Leif Johanson (u.a.  PHENOMENA, A-HA) sind, bzw. die präzisen und perfekt getimten Drums von Mike Sturgis (u.a. ASIA, PHENOMENA). Hier ziehen sich das hervorragende handwerkliche Können, gepaart mit dem gekonntem Songwriting und einem fein abgestimmten Gespür für Emotion, Melodie und Dramatik durch das gesamte Album.

Eine Topleistung liefert vor allem der Vokalist Tommy La Verdi (für mich der heimliche Star) ab, der dem Album mit seinen gefühlvollen Vocals die Krone aufsetzt. Die kraftvolle, ausgewogene und zugleich dynamische und auch heute zeigemäße Produktion von Chris Lord-Alge (u.a. TINA TURNER, BRUCE SPRINGSTEEN) werden durch den Mix und ein exzellentes Mastering noch weiter aufgewertet. All das gibt dem Album den perfekten Punch, der einen auch sofort umhaut.

21 GUNS machen ihre Absichten gleich mit den ersten drei Songs – dem knackigen Riffmonster ‚Knee Deep‘ (versehen mit einem gehörigen Sleaze-Appeal), dem melodischen ‚These Eyes‘ und dem einfach coolen, mit einem Killer-Hook ausgestatteten ‚Walking‘, klar. Die Klasse und ein ganz besonderer Vibe ziehen sich durch das gesamte Album – es ist gefüllt mit zwölf Songs voller eingängiger Hooks, cooler Licks und Harmoniegesänge. Besonders erwähnenswert ist hier die unverwechselbare Power-Ballade ‚Just A Wish‘: warm, kitschfrei und ehrlich, begleitet durch die fast zaghafte Klavier- und schwebende Gesangsarbeit, die sich langsam zum mächtigen Refrain aufbauen. Die beiden Überflieger ‚Jungleland‘ und ‚Tell Me‘ sind einfach großartige Rocksongs, bei dem La Verdi‘s Gesang großartig, emotional und kraftvoll rüberkommt, während Scott Garham die Songs mit geschmackvollen Solis aufwartet, die aber nie über das Ziel hinausschießen. In die gleiche Richtung geht ‚The Rain‘, welches durch die tolle Bassarbeit von Leif Johanson und die geschmacksvollen Gitarrenlicks, vor allem in der Songmitte, begleitet wird.

21 GUNS veröffentlichten 1997 ein weiteres (gutes!)  Album namens Nothing’s Real mit einem neuen Sänger und brachten 2002 die Demosammlung mit dem Titel Demo-lition  heraus, die das Grundgerüst für den Nachfolger von Salute werden sollte (da LaVerdi wieder mit dabei war). Wie der Titel aber schon sagt, wurde der Nachfolger nie richtig fertiggestellt.

Fazit: Wenn man richtig guten Melodic Rock mit tollen Vocals zu schätzen weiß, sollte man in Salute von 21 GUNS allemal reinhören.

Tipp: Ich bin zwar ein großer Fan des Labels Rock Candy (dessen Neuauflagen ich ohne Einschränkungen immer empfehlen kann), welche Salute auch vor einigen Jahren in gewohnter, toller Rock Candy-Qualität neuaufgelegt hat. Wenn man die Wahlmöglichkeit hat, würde ich dennoch die Japan-Auflage vorziehen, vor allem auf Grund der beiden grandiosen Bonustracks ‚Cold Heart‘ and ‚Blood Gone Bad‘.